Kunst fürs Taschengeld Kunst made in Wuppertal fürs Kinderzimmer

Wuppertal · Das Format geht nach 20 Jahren in eine neue Zukunft.

Kyoung-Hi Roho und Ines Pröve (r.) kümmern sich um den Neustart von „Kunst fürs Taschengeld“.

Foto: ANNA SCHWARTZ

Am Anfang stand eine erstaunte Feststellung: Dass Kinder Kunst kaufen, war offensichtlich eine Idee, die allein von Neuseeländerinnen verwirklicht worden war. Die Galeristinnen Magda und Lieve van Gils aus Auckland hatten das Format vor Jahrzehnten realisiert, unter dem Titel „Kunst fürs Taschengeld“ war es ab 2004 in der Historischen Stadthalle in Wuppertal heimisch geworden. Um 2024 fast vor dem Ende zu stehen. Was Ines Pröve nicht verstand und hinnehmen wollte. Also trug sie ihren Wunsch, das Format mit Wuppertaler Künstlerinnen und Künstlern fortzuführen, bei Silke Asbeck vor. Die Geschäftsführerin der Stadthalle stimmte zu. Am 26. und 27. Oktober kann der interessierte Nachwuchs erstmals heimische Kunst mit kleinem Budget erwerben.

In Bonn hatte der damalige Stadthallen-Geschäftsführer, Holger Kruppe, das Format kennengelernt: Die in Auckland beheimatete neuseeländisch-belgische MuKa-Galerie hatte viele der von ihr ausgestellten und betreuten Künstler dazu bewegen können, Arbeiten allein zu dem Zweck anzufertigen, sie Kindern zum Kauf vom Taschengeld anzubieten. Die Kinder wählten ein Bild aus, bezahlten es und füllten einen Bestellschein aus. Vom ausgewählten Werk wurden dann eigens weitere Auflagen hergestellt. Kruppe holte das Konzept nach Wuppertal, wo nun alle zwei Jahre zwei Kisten mit rund 50 Litografien aus Neuseeland eintrafen, um unter Ausschluss der Erwachsenen Kindern und Heranwachsenden gezeigt zu werden. Im Hindemith-Saal wurde geschaut und gekauft, während die Eltern im Mahlersaal mal mehr, mal weniger neugierig warteten.

Kyoung-Hi Roho, die im Sekretariat des Hauses arbeitet, hat schon einige „Kunst fürs Taschengeld“-Auflagen organisiert, das Kunst an Kinder vermittelt, ohne dass diese von Normen und Eltern beeinflusst werden – „ohne Anleitung – erlaubt ist, was gefällt“. Alle zwei Jahre lief das so, stets zwischen fünf und sechs Tage lang. Manche Käufer kamen wieder, legten sich über die Jahre eine kleine Sammlung zu, bis sie mit 18 Jahren nicht mehr kommen durften. Roho erlebte Kinder, die sich zunächst schüchtern und voller Ehrfurcht der Kunst näherten und der Ermutigung bedurften, und sie erlebte das Staunen der Eltern, wenn das im Herbst gekaufte Werk im Dezember abgeholt werden durfte. Selbst in Corona fand die Ausstellung statt, allerdings im Einwegsystem, um Abstand zu gewährleisten. Die 2022 gecancelte Ausgabe wurde 2023 nachgeholt. Zuletzt kamen bei angesetzten 45 Euro pro Arbeit und 130 bis 150 Bestellungen rund 4500 Euro Erlös für die Galerie in Neuseeland zusammen. Freilich wurden die Galeristinnen des Inselstaates älter, eine Übergabe in jüngere Hände gelang nicht, schließlich blieben die Kisten in Wuppertal stehen. Sie bilden nun den Grundstock für den Neustart.

60 Künstler aus Stadt und Region machen mit

Ines Pröve hätte sich keinen besseren Zeitpunkt für ihre Anfrage bei Silke Asbeck aussuchen können. Nach der Zusage der Geschäftsführerin im September letzten Jahres machte sie sich ans Werk, holte zunächst Birgit Pardun ins Boot. Diese ist wie sie Künstlerin und darüber hinaus Webdesignerin. Sie entwarfen Logo und stellten Seiteninhalte zusammen, Pardun richtete die Website „kunst-fuers-taschengeld.jimdofree.com ein. Steffen Schneider, Organisator der Woga (Wuppertaler offene Galerien und Ateliers), steuerte über seinen Verteiler Künstlerinnen und Künstler bei. „Wir haben eine gute Rückmeldung erfahren. 70 Künstler aus Wuppertal, der Region, bis Kleve haben sich gemeldet.“ Nun machen 60 mit, die bis zu drei Kunstwerke auswählten oder extra schufen. Keine kindgerechte oder extra für Kinder erstellte Kost, die sie zusammen mit Statement und Foto einschickten. 134 Kunstwerke (Objekte, Kleinplastiken, Litografien, Druckgrafiken, Fotografien) werden nun ausgestellt, der Kaufpreis liegt stets bei 40 Euro, Zusatzinfos zu Werk und Urheber gibt es auf einem Infoblatt, einige Künstler geben vor Ort Auskunft. Außerdem werden auf einem Monitor Statements, Texte und kurze Filme der Künstler eingeblendet. Der Erlös geht dieses Jahr hälftig an die Winzig-Stiftung und den Kulturkindergarten. „An Einrichtungen, die Kindern Kunst vermitteln, was letztlich auch den Künstlern zugutekommt“, ist Ines Pröve wichtig. Das Ganze findet an zwei Tagen statt und soll sich alle zwei Jahre wiederholen. Und: Die Kunstkäufer können die Werke, alles Unikate, sofort mitnehmen.

Die beiden Frauen freuen sich: Kyoung-Hi Roho, weil Kunst fürs Taschengeld eine (neue) Zukunft hat, und Ines Pröve über das in Wuppertal so große Engagement in bildnerischer und sozialer Hinsicht.