Veranstaltungsbranche Die Zukunft des „Ort“ im Wuppertaler Luisenviertel ist nun etwas sicherer

Anfang des Jahres noch war die finanzielle Zukunft des Ort ungesichert – nun geht das Programm, dank großer Spendenbereitschaft, erst mal weiter.

Anne-Kathrin Reif und Wolfgang Schmidtke schauen wieder zuversichtlich in die Zukunft.

Foto: Fischer, Andreas

Nein, einfach war es nie. Und doch ist es eine Erfolgsgeschichte, die bewusst macht, dass es in Wuppertal, wo der Jazz miterfunden wurde, einen Spielort gibt, wo er und improvisierte Musik zu Hause sind. „Das ist unser Markenkern und Beitrag zum Kulturleben und zur Erinnerungskultur der Stadt“, sagt Wolfgang Schmidtke nicht ohne Stolz. Meint den Ort an der Luisenstraße, den er mitprägt als Vorsitzender der Peter Kowald-Gesellschaft/Ort. Vor Kurzem stand der Ort vor dem Aus, „wir mussten uns fragen, ob es überhaupt weitergeht“. Nun schaut Schmidtke wieder optimistisch in die Zukunft. Dank eines enormen Spendenaufkommens. Das das Jubiläumsfestival sichert und vielleicht noch mehr.

Für viele, auch jüngere Musiker, die Peter Kowald nicht mehr kennengelernt haben, sei der Auftritt im Ort der Jahreshöhepunkt. „Das ist hier ein heiliger Ort“, meint Schmidtke. Ein Ort fürs Miteinanderdenken – offen, intim, gastfreundlich, mit Begegnungen auf Augenhöhe. Die Anerkennung spiegelt sich auch in Sätzen wie der „Ort ist großartig, danke, ich liebe das“, „Viel Erfolg mit eurem tollen Programm!“ oder „Der Ort muss leben.“ Die Kommentare finden sich auf der Spendenseite des Ortes bei betterplace.org. Wo dieser seit Mitte Februar um Unterstützung wirbt und erhält. Verbunden mit Zahlungen, die mal bei 10 Euro liegen, mal 500 Euro erreichen. Schmidtke und Anne-Kathrin Reif, die die Öffentlichkeitsarbeit bei der Peter Kowald-Gesellschaft/Ort stemmt, sind überwältigt. Ist es doch gar nicht so lange her, dass das Programm für 2024 auf hölzernen Füßen stand.

„Wir mussten uns fragen,
ob es überhaupt weitergeht“

Die letzten Jahre hatte der Verein durchgängig den Spielstättenprogrammpreis NRW, der mit Summen zwischen 5000 und 10 000 Euro dotiert war, und jedes zweite Jahr den Bundesspielstättenpreis „Applaus“ und damit 10 000 Euro erhalten. Gelder, die stets eingesetzt wurden, um das Programm des Ortes aufzustocken. 2023 aber ging man leer aus. „Das Geld fehlt uns jetzt.“ Als man im November davon erfuhr, konnte man sich nicht mehr um eine Erhöhung der institutionellen Förderung durch die Stadt bemühen, die seit einigen Jahren bei 14 000 Euro liegt – die Frist war wegen des Doppelhaushalts 2024/25 früher abgelaufen, erklärt Reif. Nur die Beantragung einer Erhöhung für 2026 sei möglich. Außerdem drohe man bei der nächsten Spielstättenpreisvergabe erneut leer auszugehen, da eine Bewerbung an die Menge der Veranstaltungen gebunden sei.

Also startete man eine Spendenaktion. Um das bis zur Sommerpause geplante, rudimentäre Programm samt traditionellem Sommerfestival, das diesmal an den 80. Geburtstag Peter Kowalds (19. April) erinnern sollte, zu retten und zu erweitern. Mit Erfolg: Knapp 6400 Euro von angestrebten 9200 Euro sind bislang eingegangen, man freut sich über den großen Freundeskreis, die Anerkennung, dass der Ort mehr als eine Veranstaltungsstätte ist, „einen Spirit hat“. Und darüber, dass nun doch am 19. und 20. April Geburtstag gefeiert werden kann.

Mit einer Ausstellung, die aus Peter Kowalds Sammlung von Künstlerplakaten bestritten wird. Der Perkussionist und Weggefährte von Peter Kowald, Le Quan Ninh, reist aus Frankreich an und tritt am ersten Konzertabend auf. Den zweiten eröffnet die Schweizer Kontrabassistin Martina Berther mit einem Solo, bevor das eigens zusammengestellte Festival-Trio übernimmt: Nikolaus Neuser (Trompete), Reza Askari (Kontrabass) und Fabian Ahrens (Schlagzeug) gehören zu den meistbeachteten deutschen Musikern der mittleren Generation, sie werden gemeinsam ausloten, wo der Jazz gerade steht. „Auch das zeichnet den Ort aus, dass hier Musiker von Musikern zusammengebracht werden, die nur hier zusammen auftreten.“ Weiß Schmidtke, der selbst auf diese Weise mit Kowald einst zusammenkam und noch eine Seite des Künstlers deutlich macht: Die des Netzwerkers, der im „global village“ lebte.

Vor mehr als zehn Jahren stand der Ort schon mal vor dem Ende, da half Tony Cragg mit seiner Grafikmappe, „von der wir schon zwei Jahre leben konnten“, erinnert Schmidtke. Später half der Bund mit seinem Programm „Neustart Kultur“, das nicht nur den Ort in der Coronakrise unterstützte, zu neuen Veranstaltungsstrukturen führte. Nun ist es die Spendenbereitschaft der Kulturinteressierten. Noch ist das Ziel nicht erreicht, fehlt das Programm des zweiten Halbjahres. Und vielleicht wird nach drei Jahren Pause sogar mal wieder die Einladung eines artist in residence möglich, hofft Reif.