Interview Ein Jahr nach der WZ-Aufforstaktion: So geht es unseren Wäldern heute

Wuppertal · Sebastian Rabe, Leiter des Wuppertaler Forstamts, im Gespräch über die bisherige Entwicklung der Bäumchen und die Faktoren, die Einfluss auf unsere hiesigen Wälder haben und hatten.

Sebastian Rabe, hier mit Anja Polz vom WZ-Lesermarkt, hat die WZ-Aufforstaktion begleitet.

Foto: ANNA SCHWARTZ

Auf den Tag genau ein Jahr ist es nun her, dass unsere Zeitung gemeinsam mit Leserinnen und Lesern im Waldgebiet in Cronenberg rund 200 Baumsetzlinge gepflanzt hat. Sebastian Rabe, Leiter des Wuppertaler Forstamts, über die bisherige Entwicklung der Bäumchen und die Faktoren, die Einfluss auf unsere hiesigen Wälder haben und hatten.

Herr Rabe, ein Jahr ist unsere Pflanzaktion nun her. Wie viel Entwicklung und Wachstum kann man denn in so einem Jahr typischerweise erwarten?

Sebastian Rabe: Die Bäumchen müssen im ersten Jahr erst einmal Wurzeln ausbilden, deswegen ist oft nach dieser Zeit noch nicht so das wahnsinnige Höhenwachstum da und das Ganze ist auch sehr abhängig von den Baumarten. Grundsätzlich war das Jahr aber sehr, sehr gut für die Bäumchen. Der viele Regen hat denen verdammt gutgetan, sodass sie hervorragende Grundvoraussetzungen haben, um weiter zu wachsen.

Und wie schaut es vor Ort nun aktuell aus?

Rabe: Jetzt im Winter ist der Vorteil, dass die Begleitvegetation nicht da ist. Dann sieht man die Bäumchen eigentlich ganz gut, dann stehen die schön raus, sind natürlich auch nicht belaubt, aber wenigstens gut sichtbar. Was da auffällt, ist, dass es viel zu viele Rehe gibt, die leider fröhlich an den Bäumchen rumknabbern. Deswegen müssen wir da auch immer gucken, dass an den Bäumen Schutz angebracht wird. Und eigentlich müssten die Jäger da ein bisschen mehr tun.

Vor einem halben Jahr haben wir uns vor Ort die Bäumchen angeschaut und auch da haben Sie von dem Reh-Problem berichtet. Ist denn in der Zwischenzeit etwas dagegen getan worden?

Rabe: Da sind private Jäger aktiv, mit denen sind wir in regelmäßigen Gesprächen, dass die da ein bisschen mehr machen müssen, damit die Bäumchen dort auch wachsen können. Viel mehr als Überzeugungsarbeit zu leisten, können wir aber leider oftmals auch nicht tun. Die schwierige Phase kommt jetzt. Der Verbiss des Rehwilds findet vor allem im Januar, Februar, Anfang März statt. Dann müssen wir noch mal auf sie einwirken.

Wie kontrollieren Sie denn im Allgemeinen, wie es den Bäumchen und auch dem Wald als Ganzes geht?

Rabe: Im Grunde können wir schauen, wie die Bodenfeuchte ist. Dies ist allerdings informativ, denn ändern können wir daran nichts – wenn es nicht regnet, regnet es nicht. Ansonsten geht es vor allem um die Beobachtung des Waldes. Als Förster erkennen wir, wie der aktuelle Zustand der Bäume ist. Zusätzlich gibt es auch verschiedene landesweite Monitorings zum Zustand des Waldes. Da hat man die eigene Beobachtung noch mal statistisch abgesichert. Aber da stellen wir auch meist nur fest, dass unser subjektiver Eindruck dadurch nur bestätigt wird. Wuppertalspezifische Einzeluntersuchungen machen wir nicht, weil es im Grunde auch keinen zusätzlichen Nutzen bringen würde.

Wie kann man sich die landesweiten Monitorings vorstellen?

Rabe: Das nennt sich Wahlschadensinventur. Über das ganze Land verteilt sind Stichprobenpunkte in einem festen Raster gesetzt. Dann gehen jährlich Förster, die das ganze Jahr nichts anderes machen als dieses Monitoring, zu jedem Punkt, gucken sich an, wie es den Bäumen geht und können das dann hochrechnen für das gesamte Land Nordrhein Westfalen.

Und welche Schäden konnten hier zuletzt festgestellt werden?

Rabe: Man hat festgestellt, dass grundsätzlich der Schädlingsbefall zunimmt. Jahrelang hatten wir extreme Probleme mit Borkenkäfern an Fichten, jetzt haben wir bei der Eiche den Eichenprachtkäfer, der zunehmend eine Rolle spielt. Insgesamt sieht man, dass die Bäume weniger und kleineres Laub haben, als sie eigentlich haben sollten. Das deutet im Grunde auf Schäden hin, die oftmals noch Nachwirkungen der Trockenjahre sind, die wir hatten. Die haben sie immer noch nicht so ganz kompensiert. Und daran sieht man auch, vor allem an dieser nicht vollständigen Belaubung, dass es dem Wald grundsätzlich nicht gut geht.

Kann man gegen den Schädlingsbefall vorgehen?

Rabe: Das hängt vom jeweiligen Schädling ab. Bei Eichenprachtkäfern ist es im Grunde ähnlich wie bei der Fichte, da werden auch die Eier abgelegt und die Käfer wachsen heran und schlüpfen dann irgendwann. Daher versuchen wir, den Baum in dieser Phase, wo die Larve unter der Rinde reift, zu entfernen. Grundsätzlich sind das alles Konsequenzen des Klimawandels. Und das wäre im Grunde der wesentliche Faktor, den man bearbeiten müsste. Solange wir so weitermachen wie bisher, werden wir am schlechten Zustand des Waldes auch nichts Entscheidendes ändern können.

Wie viele weitere Setzlinge müssten wir mit unseren Leserinnen und Lesern denn noch pflanzen, um zumindest ein bisschen zu helfen?

Rabe: Wir sind jetzt langsam an dem Punkt, an dem wir das, was durch die Dürre an Fichten abgestorben ist, wieder bepflanzt haben. Bei den Fichten, bei denen wir davon ausgehen, dass sie auch irgendwann absterben, pflanzen wir jetzt präventiv schon mal neue Bäume drunter, vor allem Buchen. Wenn sie absterben, ist der nächste Wald schon da. Dann haben wir noch einzelne Flächen, bei denen wir gehofft hatten, dass die Natur das sozusagen von alleine regelt und die Bäume sich selber ansamen. Dort stellen wir jetzt nach vier Jahren aber fest, dass das nicht so funktioniert hat, wie wir uns das erhofft hatten und wo wir noch einmal nachpflanzen müssen. Aber der Großteil ist im Grunde gepflanzt, jetzt müssen wir die Bäume erst einmal pflegen. Das ist wahnsinnig aufwendig. Aber wenn nicht noch große Bäume absterben, dann hätten wir erst einmal diese Phase des Pflanzens an den Flächen überstanden.