Karriere „Nach dem Studium kann man auch andere Wege einschlagen“
Barmen/Elberfeld. · Annika Spathmann hat an der Bergischen Universität Physik studiert. Ihren Doktortitel erlangte sie aber in Bildungswissenschaften. Heute arbeitet sie als Prokuristin an der Junior Uni.
Ein Buch des Großvaters, in dem es um bekannte Physiker, deren Geschichte und Entdeckungen geht, ist die Initialzündung für die damals 13-jährige Annika Spathmann, ihre Begeisterung für Physik auch beruflich umzusetzen. „Das hat mich damals so fasziniert und ich habe gesagt: Das will ich auch machen.“ Mit 18 Jahren steht ihr Entschluss fest, Physik mit dem Ziel Forscherin zu werden, zu studieren. Zwar überlegt die gebürtige Wuppertalerin zunächst, noch einen entfernteren Studienort zu wählen, entscheidet sich dann aber doch für ihre Heimatstadt. „Von allen Seiten hörte ich, dass die Uni gut ist und vor allem die Physik gut ist. Da arbeiten wirklich tolle, hochkarätige Wissenschaftler in sehr spannenden Gebieten. Zum anderen herrscht dort auch ein gutes Betreuungsverhältnis vor. Und ich hatte wenig Lust auf eine Universität, wo man auf den Treppen der Hörsäle sitzt“, sagt die engagierte Wissenschaftlerin.
Die 1:1-Betreuung im Fach und der enge Kontakt zu den Lehrenden genießt sie während ihres gesamten Studiums. Es sind dann auch die abstrakten physikalischen Fragestellungen in der Teilchenphysik, die sie am meisten interessieren. „Zu schauen, aus was ist die Materie eigentlich aufgebaut“, erklärt sie oder ganz konkret, „woraus besteht ein Tisch hier, wenn man wirklich ganz genau hinguckt?“ Mit ebenso begeisterten Kommilitonen bildet sie Arbeitsgruppen, experimentiert, berechnet und kommt in ihrer Masterarbeit doch zu dem Schluss, „dass ich das auf Dauer nicht machen möchte“.
Von der Theorie in die Praxis kommt sie über den Gründer der Junioruni, Ernst-Andreas Ziegler. „Er hat mich damals, als ich mein Physikstudium begonnen hatte und die Junior Uni noch eine Idee war, angesprochen, ob ich mir nicht vorstellen könnte, da Kurse zu geben“, erzählt Spathmann. Und das konnte sie sich sehr gut vorstellen. Als der Betrieb der Junior Uni 2008 begann, war die Studentin mit Kursangeboten im Bereich Physik/Technik fast von Anfang an dabei. „Mein Lieblingskurs, den ich wirklich jahrelang gegeben habe, war „Höher, schneller, weiter“, sagt sie und lacht. Dieser Kurs findet in veränderter Form auch heute noch statt. Mit ihren kleinen Studierenden baut sie verschiedene Fahrzeuge, die sie auch gemeinsam fahren lassen. „Wir konstruieren beispielsweise Solarautos, lassen Schiffe mit unterschiedlichen Antrieben zu Wasser und wir bauen Wasser-Luftraketen“, erzählt sie begeistert. Der Lerneffekt bei den sieben bis zehnjährigen Kindern „wir nennen sie hier auch Studentinnen und Studenten“, liegt im Erlernen sowohl der handwerklichen Fähigkeiten, als auch der physikalischen Hintergründe.
Ihren Doktortitel erwirbt Annika Spathmann jedoch nicht in der Physik, sondern in den Bildungswissenschaften. Dazu untersucht sie die Qualität der Junior Uni-Kurse. „Das war eine tolle Kombination aus einer wissenschaftlichen Arbeit und der Arbeit, die ich hier gemacht habe.“ Gemeinsam mit den Dozenten der Junior Uni überlegt und arbeitet sie an den Qualitätskriterien, die im Haus angestrebt werden, entwickelt Fragebögen, wertet aus und untersucht die Wahrnehmung der Kurse im Vergleich zu schulischen Aktivitäten.
Die Entscheidung für diese bildungswissenschaftliche Arbeit erklärt sie so: „Ich habe mich während meines Studiums dazu entschieden, mehr mit Menschen zusammenzuarbeiten. Das fasziniert mich auch an der Junior Uni. Man lernt von den Kleinsten, Kooperationspartnern, bis zu spannenden Dozenten einfach verschiedene Menschen kennen.“ Die seit 2013 festangestellte Wissenschaftlerin arbeitet heute als Prokuristin, wissenschaftliche Fachkoordinatorin und Dozentin an der Junior Uni in Wuppertal-Barmen. Zu den vielfältigen Aufgaben gehört die Unterstützung der Geschäftsführung im operativen Bereich genauso wie die Qualitätsentwicklung und die wissenschaftliche Fachkoordination. „Ich führe Dozentengespräche und wähle Dozenten sowie Kurskonzepte aus und bin damit gemeinsam mit zwei Kollegen für die Zusammensetzung der Kursprogramme verantwortlich“, erläutert sie, ist zeichnungsberechtigt und gibt immer noch eigene Kurse, denn „das ist mir sehr wichtig, um auch an der Basis zu bleiben.“
Ganz so intensiv kann sie sich heute nicht mehr der Physik widmen, sagt aber: „In den ersten Jahren hier an der Junior Uni, als ich festangestellt war, habe ich schon noch Physik gemacht, habe Jugendliche betreut, die sich auf die deutsche Physikmeisterschaft oder Jugend forscht vorbereiteten. Das geht schon tief in die Materie rein. Jetzt schaffe ich das zeitlich leider nicht mehr. Aber ich finde Physik nach wie vor unglaublich spannend und toll!“
Die Wege ins Berufsleben können wie bei Annika Spathmann auch ungewöhnlich verlaufen. „Ich habe immer die Philosophie vertreten, wirklich nach Interesse zu gehen, ein Studium nach Interesse auszusuchen“, sagt sie abschließend, „ich habe die Erfahrung gemacht, dass man nach dem Studium gut auch andere Wege einschlagen kann. Man ist nicht festgelegt, mit dem was man tut. Man kann sich auch danach noch orientieren.“