„Für Schüler sind wir sehr wichtig“
Chantal Medenbach ist eine von über 50 Schulsozialarbeitern. Sie setzt sich für den Erhalt der Kräfte ein.
Die Schulsozialarbeit ist noch bis Ende des Jahres 2017 gesichert, jetzt kämpfen die Beteiligten um ihren weiteren Erhalt. Zu den Schulsozialarbeitern in Wuppertal, die um ihre Stelle bangen, gehört auch Chantal Medenbach (27). Sie sprach mit der WZ über ihre Arbeit.
An welcher Schule arbeiten Sie?
Chantal Medenbach: Ich habe eine halbe Stelle an der auslaufenden Hauptschule Langerfeld mit derzeit noch 150 Schülern und eine halbe Stelle am Berufskolleg Elberfeld mit 2500 Schülern.
Das sind viele Jugendliche, um die Sie sich kümmern.
Medenbach: Optimal wäre ein Schlüssel von einem Sozialarbeiter pro 150 Schülern. Aber das ist nirgendwo so.
Worin genau besteht Ihre Tätigkeit?
Medenbach: Jeweils 50 Prozent meiner Zeit mache ich Beratung und 50 Prozent mache ich Projekt- und Netzwerkarbeit.
Wie kann man sich Beratung vorstellen?
Medenbach: Ich spreche Schüler an, die Probleme haben, oder die Schüler melden sich bei mir, per Whatsapp oder SMS. Dann machen wir eine Zeit aus und sie kommen zu mir. Wenn es sich um ein größeres Problem handelt, machen wir mehrere feste Termine aus.
Um was für Probleme geht es?
Medenbach: Wenn Schüler in der Schule abfallen, versuche herauszufinden, wo das Problem ist. Manchmal vermittle ich Nachhilfe. Oder ich helfe, wenn es darum geht, bestimmte finanzielle Leistungen zu beantragen. Ganz häufig geht es zum Beispiel um Zuschüsse für Klassenfahrten. Oder zum Beispiel Bafög. Ganz viele junge Menschen fallen mit 18 aus dem System, weil dann das Jugendamt nicht mehr zuständig ist. Es geht auch um Familienprobleme oder darum, dass ein Jugendlicher kein Taschengeld bekommt. Ich hatte auch schon Schülerinnen, die - außerhalb der Schule - sexuelle Gewalt erfahren haben.
Was passiert bei der Projektarbeit?
Medenbach: An der Hauptschule habe ich das Projekt der „Kulturellen Paten“ entwickelt. Weil mir aufgefallen ist, dass Zuwanderer ganz viel nicht verstehen. Jetzt haben wir Jugendliche mit Migrationshintergrund zu Paten ausgebildet, die anderen in ihrer Muttersprache helfen können. Das Konzept dürfen übrigens auch gern andere Schulen übernehmen. Am Berufskolleg haben wir das „Projekt Zukunft“ entwickelt, bei dem die Jugendlichen zusätzliche Förderung bei Themen wie Zeitmanagement, Selbstorganisation und Sozialkompetenz, erhalten.
Was ist Netzwerkarbeit?
Medenbach: Kontakt ist für uns das A und O. Die neun Schulsozialarbeiter von WIP (siehe Kasten rechts) treffen sich wöchentlich zu Team-Treffen, darüber hinaus haben wir alle sechs Wochen Supervision. Es gibt Treffen mit anderen Schulsozialarbeitern in der Stadt, dabei besuchen wir auch andere Organisationen, zuletzt zum Beispiel die schulpsychologische Beratungsstelle der Stadt.
Welche Bedeutung hat Ihre Arbeit?
Medenbach: Leider ist der Erfolg unserer Arbeit schwer messbar. Ich kann nicht sagen, dass ohne meine Hilfe zehn junge Menschen mehr arbeitslos würden. Für die Schüler sind wir aber unheimlich wichtig - einfach weil sie mit uns jemanden zum Reden haben. Jemanden, der keine Noten gibt. Dabei ist unser Ziel immer Hilfe zur Selbsthilfe.
Gibt es Schulen oder Schulformen, an denen Schulsozialarbeiter dringender gebraucht werden?
Medenbach: Sie werden überall gebraucht. Auch an Schulen, die von Kindern aus wohlhabenderen Familien besucht werden, gibt es Probleme, zum Beispiel mit Mobbing. Oder dass bei einer neuen Staffel von „Topmodel“ wieder Mädchen umfallen, weil sie nicht genug essen. Das sind alles Probleme durch ein geringes Selbstwertgefühl. Und das gibt es überall.
Wie wirkt sich die Unsicherheit bei der Weiterfinanzierung auf Ihre Arbeit aus?
Medenbach: Wir haben bisher nur befristete Stellen. Es ist schwierig, wenn man nach kurzer Zeit wieder an eine andere Stelle muss. Denn es braucht Zeit, bis man sich Vertrauen erarbeitet hat, bis sich Jugendliche trauen, uns bei Problemen anzusprechen. Eigentlich sollte es so sein, dass man die Schüler von der fünften bis zur zwölften Klasse begleitet.