Hamburger Sturmflut: Wuppertaler "sah nichts außer Wasser“

Heute vor genau 50 Jahren half der Wuppertaler Gerd Schulz bei der verheerenden Sturmflut in Hamburg.

Wuppertal. Die Urkunde mit der Dankmedaille der Stadt Hamburg hängt an einem unscheinbaren Platz neben der Küchentür. Gerd Schulz macht sich nicht viel aus Auszeichnungen — und seine Hilfe bei der verheerenden Sturmflut vor genau 50 Jahren war für ihn auch keine große Leistung. Doch er war dabei, als es galt, weitere Deichbrüche zu verhindern. Einige Bilder hat er bis heute nicht vergessen.

Erst sechs Wochen war der Wehrpflichtige Schulz in der Kaserne in Wentorf an der Südostgrenze Hamburgs stationiert, als am Freitag, dem 16. Februar 1962, das Kasernentor abends geschlossen blieb. „Wegen der Orkanwarnung wurde eine Ausgangssperre verhängt“, erinnert sich der 70-Jährige heute, „aber niemand rechnete mit einer ernsthaften Gefahr.“

Erst am nächsten Morgen wurde den Rekruten langsam klar, dass irgendetwas passiert sein musste — aber was? Da der Strom ausgefallen war, funktionierten weder Fernseher noch Radios. Auch die Telefonleitungen waren tot. „Wir wussten erstmal nichts, in der Kaserne selbst war ja alles in Ordnung“, erzählt Schulz — bis die von Innensenator Helmut Schmidt eingeleitete Rettungsaktion auch die Einheit in Wentorf erreichte.

„Irgendwann wurden wir zu den Lastwagen gerufen. Kurz darauf ging es los zu einer Sandgrube“, erinnert sich Schulz. Mittlerweile wussten die Soldaten, worum es ging: Sandsäcke füllen, Deiche stabilisieren. Aber das Ausmaß der Katastrophe wurde Schulz erst klar, als sie am Deich ankamen. „Ich schaute in die Ferne — und sah nichts außer Wasser. Es war einfach kein Ufer zu sehen.“

Die am schwersten betroffenen Stadtteile sah er zunächst nicht. Schulz erinnert sich aber an gespenstische Szenen, umherirrende Menschen am Straßenrand. „Viele hatten durchnässte Kleider und standen offenbar unter Schock.“

Bis in den Abend stopften Schulz und seine Kameraden Loch um Loch an ihrem Deichabschnitt. Dann war der Kampf gegen die Fluten — zumindest hier — gewonnen. Wenn er heute zurückdenkt, denkt er nicht an sich. „Es gab sicher zig Helfer — und natürlich Opfer — die viel Schlimmeres erlebt haben“, sagt Schulz. „Da hatte ich noch Glück.“