Hans Reichel im Alter von 62 Jahren gestorben
Der Jazz-Musiker, Designer und Instrumenten-Erfinder war ein Künstler jenseits der Konventionen.
Offizielle Anschreiben von Behörden und Ämtern mochte Hans Reichel überhaupt nicht. Nicht nur wegen des meist unschönen Inhalts, sondern wegen der grundsätzlich grässlichen Optik der Schrift. „Die sieht immer besonders schlimm aus.“ Davon verstand er etwas, der Schriftgestalter, der den meisten Wuppertalern wohl als Jazz-Musiker bekannt ist. Er erfand fünf Schriftfamilien, darunter die FF Dax und FF Schmalhans.
Im Mai 1949 in Hagen geboren, schloss sich Reichel 15-jährig verschiedenen Bands an. Nach seinem Design-Studium war er dann ab den 1970ern als Musiker unterwegs — mit unkonventionellen, noch ungehörten Spieltechniken sowie selbst entworfenen und gebauten Instrumenten, laut eigener Aussage vor allem „sehr schrägen Gitarren“. Außerdem gab es immer etwas zu zeichnen, Konzertplakate, Infozettel und selbst Plattencover hat Reichel gerne selbst gestaltet, am liebsten mit Bleistift und Filzstiften.
Als Werkzeugmacher verstand er sich dabei, der in unendlicher Geduld und mit Liebe zu filigranen Kleinigkeiten seine Erfindungen bis zur ästhetischen Vollendung brachte. Ein Resultat seiner Klangexperimente war eine weitere Eigenkreation, das Daxophon. Dabei handelt es sich um ein formschönes Stück Holz, dem man durch Cello- oder Bassbogen Töne entlockt.
Nicht nur mit diesem Instrument war Reichel meist solo auf Konzerttouren in Südamerika, Europa und Südostasien unterwegs. Mit Musikern wie dem Cellisten Tom Cora, dem Gitarristen Stephan Wittwer oder einem der bedeutendsten Pianisten der britischen Jazzszene, Keith Tippett, bildete er Duos.
Bevor er in Wuppertal als seiner Wahlheimatstadt endgültig sesshaft wurde, lebte Reichel lange in Japan. Nicht immer ging es ihm gut, denn der kommerzielle Erfolg war ihm nicht durchgehend beschieden. Von seinen ungewöhnlichen Ideen und außergewöhnlichen Konzepten zugunsten eines Mainstreams ließ er sich trotzdem nie überreden.
Am Dienstag, 22. November, verstarb Hans Reichel plötzlich und unerwartet in seinem Atelier.