Hilfsorganisationen kämpfen um Mitglieder

Ehrenamtliche Tätigkeiten bei Feuerwehren, dem Roten Kreuz oder der DLRG sind nicht mehr selbstverständlich. Die Vereine beklagen seit Jahren vor allem einen Mangel in den Nachwuchsabteilungen.

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Wuppertal. Die Helfer in Einsatzkleidung und mit Notfallrucksack gehören bei allen größeren Veranstaltungen dazu. Die Sanitäter, die am Spielfeldrand oder bei Straßenfesten stehen, sind quasi unsichtbar — bis es ernst wird. Dann sind die meisten Menschen froh, wenn sofort Hilfe da ist. Mitglied in einer Hilfsorganisation wie der Freiwilligen Feuerwehr oder bei den Johannitern zu sein, ist nicht mehr die Regel. Prognosen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung weisen für das Rettungswesen und die Feuerwehr zwischen 2006 und 2025 einen Rückgang der Zahl der ehrenamtlich Tätigen um knapp ein Viertel aus.

„Wir haben in den vergangenen Jahren bei den ehrenamtlichen Mitarbeitern deutliche Rückgänge zu verzeichnen“, berichtet Reinhard Fliege, Geschäftsführer des Kreisverbandes Wuppertal des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). 2010 waren noch knapp 300 aktive Helfer im Einsatz, in diesem Jahr sind es nur noch etwa 100. Vor allem die Zahl der Mitarbeiter im Katastrophenschutz habe erheblich abgenommen. Darunter fallen unter anderem die Sanitätswachen bei Veranstaltungen.

Es werde immer schwieriger, Interesse für ehrenamtliche Arbeit zu wecken. Ein Grund sieht Fliege in der Ganztagsbetreuung. Die Kinder hätten nachmittags keine Zeit mehr, sich in Vereinen zu engagieren. Aber auch in der Sozialarbeit fehlen ehrenamtliche Helfer. Viele „Rosa Damen“, die Patienten im Krankenhaus betreuen, hören aufgrund ihres Alters auf. Nachwuchs zu finden sei schwierig, weil die Besuche vormittags stattfinden. Hier benötigt das DRK Rentner, die diese Aufgabe übernehmen wollen.

Die Johanniter-Unfallhilfe im Regionalverband Bergisch-Land ist zufrieden mit ihrem Netzwerk an Unterstützern. „Wir können ein Wachstum im Ehrenamt verzeichnen“, sagt Saskia Koll, Sprecherin des Verbandes. Seit 2012 sei die Zahl von 135 auf 147 im vergangenen Jahr gestiegen. „2015 hatten wir mit 158 Ehrenamtlichen einen Ausschlag nach oben“, berichtet Koll. In dem Jahr waren die Johanniter in der Betreuung der Flüchtlinge sehr aktiv und es kamen Mitglieder, die sich rein in der Flüchtlingshilfe engagiert haben. Grundsätzlich sei es heutzutage schwieriger, Menschen für ein langfristiges Engagement zu gewinnen, als für einzelne, zeitlich begrenzte Projekte, so Koll.

„Die Mitgliederzahlen der DLRG sind in den vergangenen drei Jahren mit 2200 Mitgliedern stabil“, sagt Kurt Reisweg, Bezirksleiter der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft Wuppertal. Das sei aber nur noch die Hälfte der Menschen, die sich vor etwa 20 Jahren ehrenamtlich engagiert haben. Den Mitgliederschwund führt Reisweg auf die Schließung von Schwimmbädern zurück. In den neunziger Jahren wurden drei in Barmen geschlossen, 2009 wurde das Bad in Vohwinkel ersatzlos gestrichen.

Die Freiwillige Feuerwehr Wuppertal sucht ebenfalls Mitglieder. Dazu beteiligt sie sich an der landesweiten Plakataktion „Feuerwehrensache“, mit der neue Mitglieder gewonnen werden soll. „Wir haben ein großes Problem mit der Tagesverfügbarkeit“, sagt Christoph Schöneborn, Landesgeschäftsführer des Verbandes der Feuerwehren in NRW. Viele Menschen pendeln in andere Städte zum Arbeiten und sind tagsüber nicht am Wohnort als Feuerwehrmann einsetzbar. „Wir haben aber auch Probleme, Nachwuchs zu rekrutieren“, sagt Michael Schwarz Sprecher der Feuerwehr Wuppertal. Anscheinend habe sich das Freizeitverhalten der Jugendlichen geändert. „Es sind immer weniger bereit, ihre Zeit zu opfern“, so Schwarz. Bei der Freiwilligen Feuerwehr gebe es bei den Mitgliederzahlen immer wieder Ausschläge nach oben und unten. Waren es 2009 noch 588 Aktive, lag die Zahl 2012 bei nur 556 Helfern. In diesem Jahr seien es dagegen wieder 572. Gleiches gilt für die Jugendfeuerwehr. Besonders stark sei die der Rückgang von 2010 (248 Helfer) bis 2012 (211) gewesen. „Inzwischen haben wir bei der Jugendfeuerwehr wieder 229 Aktive“, berichtet Schwarz.

Die Malteser haben nach eigenen Angaben ebenfalls mit fehlenden beziehungsweise weniger werdenden Mitgliedern zu kämpfen. 216 sind aktuell aktiv, 2012 waren es noch 261 an der Zahl.