Kohleausstieg Im Kraftwerk Wilhelmshaven sollen Pellets Kohle ersetzen
Wuppertal · Die 15-Prozentige Beteiligung am Onyx-Steinkohlekraftwerk Wilhelmshaven entwickelt sich zu einer immer größeren finanziellen Belastung für die Wuppertaler Stadtwerke. In ihrer Bilanz für 2019 haben die WSW die Drohverlustrückstellung für das Kraftwerk von 32 auf 55 Millionen Euro erhöht.
In diesem Jahr war das Kraftwerk nur nur zu acht Prozent der theoretischen Stromerzeugungskapazität ausgelastet. Solar- und Windanlagen liefern günstiger Strom. Die WSW zahlen bei der Abnahme von 300 Gigawattstunden zu einem Garantiepreis Jahr für Jahr kräftig drauf.
Im Zusammenhang mit dem Kohleausstieg prüft die Kraftwerksgesellschaft nun langfristige Optionen für den Standort Wilhelmshaven. Dazu gehört eine Umrüstung des Kraftwerks von Steinkohle auf Biomasse und der Verbrennung von Holzpellets. Ob diese Umstellung zu einer Verbesserung der Auslastung des Kraftwerks beitragen kann und damit für eine Verbesserung der Bilanz der WSW, ist in dem frühen Stadium des Projekts noch völlig offen. Ein dickes Fragezeichen steht bei einer Umstellung von Kohle auf Holzpellets hinter der Ökobilanz.
Hoffnungsfunke oder Strohfeuer? Klaus Lüdemann, Ratsmitglied der Grünen, warnt vor großen Erwartungen. „Entscheidend ist, woher der Betreiber die Holzpellets beziehen würde. Das Material für die Verbrennung würden vermutlich nicht die deutschen Wälder liefern, die vom Borkenkäfer befallen sind. Ich gehe vielmehr davon aus, dass es sich um Holz handelt, das per Schiff aus den USA angeliefert wird. Das wäre ökologischer Wahnsinn“, sagt Klaus Lüdemann. Die Grünen haben eine Große Anfrage zum Thema für die Ratssitzung am kommenden Montag gestellt. In der Antwort der Verwaltung heißt es: „Das Konzept einer möglichen Biomasseumstellung befindet sich noch in einem sehr frühen Stadium, so dass zur Herkunft der Holzpellets noch nichts bekannt ist. Im Mittelpunkt steht aktuell die Verfeuerung von sogenannten White Pellets, deren Anlieferung per Schiff erfolgen könnte.“
Klaus Lüdemann verweist auf einen Bericht im Deutschlandfunk aus dem vergangenen Jahr, in dem generelll vor der Gefahr eines klimapolitischen Holzwegs durch die Holzpellets gewarnt wird. Die von dem US-Unternehmen Enviva produzierten Pellets würden von der EU als Biomasse und damit neben Wind und Solar als erneuerbare Energie eingestuft. Kritiker sprechen allerdings von einem Etikettenschwindel, denn in den USA würden Wälder extra dafür abgeholzt, um in Europa als klimafreundliche Energie verfeuert zu werden. Dies vermutet der im Deutschlandfunk zitierte Experte Tim Searchinger von der Princeton Universität. Bei der Verbrennung von Holz werde mehr Co² freigesetzt als bei der von Kohle. Enviva sieht die Pellets dagegen als Teil eines natürlichen Kreislaufs mit nachwachsenden Rohstoffen.
Der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies sowie die Bundestagsabgeordneten Siemtje Möller und Bernd Westphal informierten sich in der vergangenen Woche über das Projekt von Onyx am Standort. Den Wuppertaler Stadtwerken blieb dabei nur die Zuschauerrolle. Wie aus einem Bericht des Weserkuriers zu erfahren ist, rechnet die Geschäftsführung des Kraftwerks mit einem niedrigen dreistelligen Millionenbetrag, den die Umstellung bis 2024/2025 kosten könnte - sollten die Rahmenbedingungen stimmen.
Wohin die Reise geht,
bestimmt der Haupteigentümer
Welche Rahmenbedingungen das sein werden, bestimmt der Haupteigentümer, die Riverstone Holdings LLC, entscheidend mit, der 2010 eine Milliarde Dollar in Enviva Partners LP, den weltgrößten Hersteller von Pellets, investierte.
Matthias Ohl, Leiter der Erzeugung Strom und Fernwärme bei den WSW, kommentiert die Pläne mit Zurückhaltung. „Es handelt sich um eine Studie, um ein Konzept, das auch wirtschaftlich darstellbar sein muss. Einfach so weiter machen, wie bisher, ist aber auch keine Option“, sagt Matthias Ohl. Als Biomasse könnte auch Klärschlamm verwendet werden, der Standort sei günstig in der Nähe zu den Off-Shore-Windanlagen. Die Produktion von Wasserstoff oder von Energie für die Stahlindustrie könnten weitere Optionen sein. Der Ausstieg aus der Beteiligung am Onyx-Kraftwerk Wilhelmshaven ist für die WSW trotz des defizitären Betriebs kein Thema. An der strategischen Entscheidung der Beteiligung an dem Kohlekraftwerk werde man vorerst nicht rütteln, hatte Markus Hilkenbach, Vorsitzender der Geschäftsführung der Wuppertaler Stadtwerke GmbH, auf der Bilanzpressekonferenz erklärt. Stadtdirektor Johannes Slawig beschrieb vor einem Jahr die Lage so: „Nach übereinstimmender Entscheidung von WSW und Stadt werden unsere Anteile nicht verkauft. Es ist sinnvoll zu warten. Ein Preis nach aktueller Marktlage hätte wirtschaftliche Konsequenzen, die die WSW nicht verkraften würden.“