Wuppertaler Gesundheitskolumne „Ich schätze das deutsche Pflegesystem trotz aller Kritik“
Wuppertal · Die Kenianerin Joy Ndurere macht eine Ausbildung zur Pflegefachfrau.
Was macht eine 35-jährige Kenianerin in Deutschland in einer Pflegeausbildung? Diese Frage stellen sich sicherlich viele. Ich bin Joy Ndurere und möchte mit Ihnen meine Geschichte und meine Sicht auf das deutsche Pflegesystem teilen.
Ich komme aus Kenia, einem Land, in dem die Gesundheitsversorgung anders funktioniert. Diese ist oft unterfinanziert und schlecht ausgestattet. Viele Menschen haben keinen Zugang zu grundlegender medizinischer Versorgung. Es gibt private und öffentliche Krankenhäuser sowohl in städtischen als auch in ländlichen Gebieten. In städtischen Gebieten gibt es natürlich mehr, und vor allem private Kliniken und Krankenhäuser, die für die Mehrheit der Bevölkerung unerschwinglich sind.
In Deutschland ist die Situation ganz anders. Hier hat jeder Zugang zu medizinischer Versorgung, und die Ausstattung mit Geräten und Medikamenten ist wesentlich besser. Viele Deutsche beschweren sich über das System, aber als Kenianerin sehe ich die Vorteile viel klarer: Es gibt eine umfassende Krankenversicherung für Arbeitnehmer, die sicherstellt, dass niemand ohne eine medizinische Versorgung bleibt.
Meine Großmutter, die über 100 Jahre alt ist und noch relativ selbstständig lebt, hat mich dazu inspiriert, in der Pflege zu arbeiten. In Kenia habe ich Soziologie studiert und durch den Leiter der Sprachabteilung am Goethe-Institut in Nairobi und von meinen zwei Freundinnen aus der Kindheit, die auch Krankenschwestern hier in Deutschland sind, von der Möglichkeit erfahren, in Deutschland eine Ausbildung zur Pflegefachfrau zu machen. Diese Entscheidung hat mir nicht nur neue berufliche Perspektiven eröffnet, sondern auch einen tiefen Einblick in die Unterschiede zwischen den beiden Gesundheitssystemen gegeben.
Die Ausbildung in Deutschland ist sehr gut strukturiert. Wir haben Theorieblöcke in der Bildungsakademie Wuppertal und praktische Einsätze bei verschiedenen Kooperationspartnern wie dem Petrus Krankenhaus und dem St. Josef-Krankenhaus. Diese praxisorientierte Ausbildung, einschließlich Einsätzen in Fachbereichen wie Pädiatrie und psychiatrischer Pflege, ermöglicht es uns, wertvolle Erfahrungen zu sammeln und fundierte Kenntnisse zu erlangen.
Nach der Ausbildung stehen uns vielfältige berufliche Möglichkeiten offen. Man kann in Bereichen wie der Pädiatrie, im OP oder auf der Intensivstation arbeiten. Es gibt zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten, wie ein Studium in Pflegewissenschaften oder Spezialisierungen in bestimmten Fachbereichen. Auch die Selbstständigkeit ist eine Option, wenn man eigene Ideen und Konzepte umsetzen möchte.
Die Ausbildung bietet also nicht nur eine solide Basis für eine erfüllende Karriere, sondern auch zahlreiche Möglichkeiten zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung.
Aus meiner Perspektive ist das deutsche Pflegesystem daher bei Weitem nicht so schlecht, wie es oft dargestellt wird. Es bietet zahlreiche Vorteile und Chancen, die die Menschen hierzulande häufig nicht zu schätzen wissen. Ich bin daher dankbar für die Chance, die ich hier in Deutschland im St. Petrus-Krankenhaus bekommen habe und freue mich auf meine Zukunft in diesem Beruf.
Joy Ndurere ist Auszubildende zur Pflegefachfrau am Petrus- und St. Josef-Krankenhaus