Bei Günther Blau liegt der Zauber im Detail
Das Von der Heydt-Museum zeigt feine Werke von Günther Blau.
Wuppertal. Passt Magie überhaupt zum Alltäglichen? Bei Günther Blau schon. Der gebürtige Elberfelder (1922 — 2007), der nach dem Zweiten Weltkrieg in Marburg lebte, hat zeitlebens Bilder gemalt, die auf den ersten Blick unscheinbar wirken. Die Farben sind gedämpft, das bescheidene Format drängt sich nicht auf, die Motive sind unspektakulär.
Doch wer die Schau im Von der Heydt-Museum besucht mit 73 Werken von Blau, 16 davon aus der eigenen Sammlung, wird sich ihrem Zauber und ihrer melancholischen Kraft kaum entziehen können.
Denn der maltechnisch hervorragende Günther Blau lenkt in seinen Bilder den Blick auf so viele akribisch dargestellte Details, dass sie schon surreal wirken. Auf seinem ironischen Ölgemälde „Wuppertaler Idylle“ weht der Schnee von den Dächern, auf dem Boden ist er beschmutzt, deckt aber gnädig Gerümpel zu. Was das einsame Schild „Zirkus“ uns sagen will, muss man raten.
Skeptisch blickt Blau aus seinem großartigen „Selbstbildnis mit Kreuzen“, ein Skelett sitzt ihm auf der Schulter, eine Fratze lugt unter der Schulter hervor, ihm Hintergrund ein Gestell mit gehenkten Menschen.
Seine Bilder, aus Italien haben wenig von Bella Italia im Sonnenschein. Sie zeigen rissige Mauern, Baustellen, menschenleere Dörfer. „Seine Bilder zeigen die Welt in ihrem steten Verfall, in ihrer Zerbrechlichkeit“, sagt die Kuratorin Antje Birthälmer, die zugleich seine poetische Kraft hervorhebt.
Museumsleiter Gerhard Finckh vergleicht ihn mit Joseph Beuys, der ein Jahr (1921) vor Blau geboren wurde: „Beide haben sich schon vor dem Krieg mit Kunst befasst, beide hatten traumatische Kriegserlebnisse auf der Krim.“ Beuys wurde mit dem Flugzeug abgeschossen, Blau verlor ein Bein.
Die Kriegserlebnisse flossen bei beiden in die Kunst ein, aber in gegenteiliger Weise. „Beuys wurde immer monumentaler, auch in seinen Selbstinszenierungen. Er wurde von Galeristen gehypt und spielte in einer internationalen Liga“, sagt Finckh.
Günther Blau hingegen sei bei kleinen Formaten und beim Realismus geblieben. „Er will eben nicht das Große, das Fantastische, sondern er will zurück zur Ordnung der Dinge, die im Dritten Reich verloren gegangen ist.“ Aber gegen das Informel und die Popart in den 50er und 60er Jahren hatte ein zwar feiner, aber nicht spektakulärer und zudem zurückhaltender Künstler wie Günther Blau — er bleibt am liebsten im Atelier — lange keine Chance. Erst in den 70er Jahren fand der Realismus wieder Anhänger. Blau verkaufte endlich Bilder, bekam Ausstellungen, etwa in Wuppertal und Frankfurt, und 1977 den Von der Heydt-Preis.