Kirchenmusik 7: "Der Kirchenchor ist unser Zuhause"
Begeisterte Sänger: Gisela und Theo Höller haben sich im Chor kennen gelernt - und singen sich seit 44 Jahren gemeinsam durchs Leben.
Wuppertal. "Kirchenmusik ist kein Selbstzweck. Sie ist Verkündigung desWortes Gottes und berührt die Gläubigen in der Tiefe ihrer Seele." Tagtäglich lässt Roland Dopfer, Kantor an St. Laurentius, diesen Worten Taten folgen. Verantwortlich für den Seelsorgebereich Elberfeld Mitte, stellt er sein Können und seine Leidenschaft in den Dienst der katholischen Kirche.
Orgelmusik und Chorgesang sind die beiden Säulen, die die Kirchenmusik tragen. Die Klangrede, die sich bei der chorischen Musik von selbst ergibt, muss Dopfer der Orgel entlocken: "Auch die Orgelmusik transportiert Inhalte, sie überhöht Programmatisches, Emotionen und Stimmungen." Hier kann Musik zur Offenbarung werden, ganz im Sinne von Olivier Messiaens "Theophonie": Gott wird hörbar, das Hören transzendiert die irdische Realität zu Gott hin. Der Kantor drückt es so aus: "Über Kirchenmusik kann man zum Zentrum des Glaubens finden. Sie führt zur Seele hin und von der Seele hinaus."
Das Singen, entstanden aus dem gehobenen Sprechen, verleiht dem Lobpreis Gottes, der Anrufung oder der Bitte mehr Nachdruck, mehr Bewegtheit, mehr Tiefe. "Wo Worte versagen, setzt das Singen an", weiß der Kirchenmusiker. Und weil er sich der Tradition der Urkirche verpflichtet sieht, hat Musik in der Kirche für ihn den höchsten Qualitätsanspruch.
Das stehe keinesfalls im Widerspruch zur Liturgiefeier. Es gehe um mehr als um das "kleine Senfkorn Hoffnung". Tendenzen zur Simplizität beobachtet Dopfer kritisch. Der Erfolg scheint dem jungen Kantor Recht zu geben. Seitdem er das Amt vor drei Jahren übernahm, verzeichnet er in allen von ihm betreuten Chorgruppen Zuwachs: Tendenz steigend.
Und was bedeutet den Singenden die kirchliche Chormusik? Die Eheleute Gisela (67) und Theo Höller (80) singen seit früher Jugend in Chören. "Ich war 14, da habe ich im Kinderchor in Wipperfürth mit dem Singen begonnen", erzählt Theo Höller. Seit 1956 singt das Ehepaar in Wuppertaler Kirchenchören. "Wir haben uns sogar im Chor kennen gelernt und sind nun schon 44 Jahre lang verheiratet", fügt Ehefrau Gisela hinzu.
"Wir würden etwas vermissen, wenn wir nicht singen. Im Chor fühlen wir uns wohl. Er ist unser Zuhause und gehört zu unserem Leben." Theo Höller erinnert sich sogar an einen Herren-Stammtisch im Chor an St. Laurentius, mit dem er auch tolle Ausflüge gemacht habe. Seine Frau spürt immer noch die prickelnde Spannung, wenn zum Beispiel eine erarbeitete Messe aufgeführt werde. "Das gibt uns die Motivation, immer weiter zu singen."
Das zweite Vatikanische Konzil hebt die Bedeutung der Kirchenmusik in den Fokus: "Sie stellt einen Reichtum von unschätzbarem Wert dar." Sie bringe das Gebet inniger zum Ausdruck, sie fördere die Einmütigkeit, sie umgebe die Riten mit größerer Feierlichkeit.
Ist der Kirchenmusiker also die "Posaune Gottes"? Hildegard von Bingen (1098-1179) bezeichnete sich selbst so: Sie müsse unermüdlich tönen, um die durch Schuld und Gottvergessenheit zugestoßene Tür zu Gottes Schöpfung neu zu öffnen. Roland Dopfer stimmt ihr uneingeschränkt zu.