Klavier-Festival Ruhr Igor Levit begeistert Publikum in Wuppertal
WUPPERTAL · Das Klavier-Festival Ruhr findet endlich wieder live vor Zuschauern statt. Dieses Mal in der Historischen Stadthalle.
Wenn der rote Flügel vor der Historischen Stadthalle in Wuppertal steht, ist das Klavier-Festival Ruhr zu Gast. Igor Levit trat nun zum 15. Mal beim weltgrößten Festival für Klaviermusik auf.
„Der Überflieger am Piano“ titelte unsere Zeitung im Juni 2011 nach Levits Debüt beim Klavier-Festival Ruhr im kleinen Mendelssohn Saal der Historischen Stadthalle. Inzwischen hat der heute 34-jährige eine internationale Karriere gemacht und ist, nicht nur bei Klassikkennern, einer der bekanntesten Pianisten seiner Generation. Die 1600 Plätze im großen Saal sind begehrt, wenn Levit spielt. Nun waren immerhin 659 Gäste zugelassen, sodass der Pianist auch in diesem Fall vor ausverkauftem Haus spielte.
Igor Levit kostet die Melancholie des Stückes aus
Levit begann mit dem „Klavierstück in es-Moll D 946 Nr. 1“ von Franz Schubert (1797-1828). Das von düsterer Stimmung geprägte Allegro assai komponierte Schubert in seinem Todesjahr. Levit ließ in eingeschobenen Dur-Aufhellungen zarte, hoffnungsvolle Töne anklingen, spürte den Klängen nach und kostete die Melancholie des Stücks aus. Tonart, Tempo und Dynamik wechseln mehrfach. Levit hielt immer wieder kurz inne, so als wolle er Atem holen, um dann zu energievollen Steigerungen überzugehen.
Das große Werk dieses Abends widmete Igor Levit den Komponisten Beethoven (1770-1828) und Liszt (1811-1886). Beethoven ist „der Komponist, der das Zentrum meines künstlerischen Lebens ausmacht“, sagt Levit. Er ist auch fasziniert von Person und Werk des Komponisten und Pianisten Franz Liszt.
Ludwig van Beethovens Sinfonie Nr. 3 in Es-Dur „Eroica“ in einer Transkription von Liszt zu spielen, lag für Igor Levit also nah. Die Klavierfassung von Liszt, der als „Tastenlöwe“ galt und ein glühender Verehrer Beethovens war, sprengt beinahe die Grenzen dessen, was am Klavier möglich ist, denn es soll ein ganzes Orchester ersetzen. Im ersten Satz, in dem immer wieder das Thema der „Eroica“ anklingt, lässt Levit Beethoven jubeln.
Den dritten Satz brach er nach einigen Takten ab
Seine Phase der intensiven Konzentration vor dem zweiten Satz, dem Trauermarsch „marcia funebre“, nutzte das Publikum für Beifall. Zuhörer und Pianist schienen ein wenig vom Konzertgeschehen entwöhnt zu sein, denn im Publikum herrschte nur selten die atemlose Stille, die sonst bei so hochrangigen Konzerten üblich ist, und auch Levit schien nicht immer über die notwendige Konzentration zu verfügen: Den dritten Satz brach er nach einigen Takten ab und begann noch einmal von vorn. Vom kaum noch wahrnehmbaren, sanftesten Pianissimo bis zum voluminösesten Forte reichte die Farbpalette seines Spiels. Immer wieder spürte er der Musik intensiv nach. Auch halsbrecherische Passagen spielte er im unverwechselbaren Levit-Klang, zu dem gehört, dass er Tempo- und Dynamikanweisungen sehr persönlich interpretiert.
Das begeisterte Publikum applaudierte lang anhaltend im Stehen. Levit bedankte sich kontrastreich mit einer übermütig und spielerisch anmuteten Zugabe, dem Lyrischen Walzer aus dem „Tanz der Puppen Nr. 1“ von Dimitry Schostakowitsch.