Räuber Hotzenplotz bahnt sich seinen Weg in die Herzen

Preußlers Geschichte punktet mit unterhaltsam und tiefgründig gezeichneten Figuren. Die neue Produktion des Schauspiels begeisterte das Premierenpublikum im Theater am Engelsgarten.

Foto: Uwe Schinkel

Wuppertal. Holz - ganz viel Holz bevölkert die Bühne des Theaters am Engelsgarten. In der neuen Produktion von Otfried Preußlers „Der Räuber Hotzenplotz“ des Schauspiels Wuppertal ist zunächst erstmal alles hölzern. Ob nun drei beweglichen hölzerne Türme (Bühnenbild Marc Jungreithmeier), die jeweils drei zentralen Szenerien in sich bergen, oder die mit hölzernen mustern bedruckten Kostüme (Anna Ignatieva), die Optik strahlt eine reizvoll braune Wärme, aber auch Steifheit aus.

Doch bevor das Familienstück sich aus dem vielen Holz mit reichlich Witz und Bewegungsenergie herausschält, bleibt es zunächst noch hölzern. Wie ein mit mechanischen Figuren bestücktes Bild - ein wenig wie in weihnachtlichen Schaufenstern - sitzt Kasperls Großmutter (Julia Wolff) in ihrer Stube und dreht gleichsam einer Puppe alle paar Minuten in immer gleicher Bewegung ihre musizierende Kaffeemühle.

Hinter sich eine extensive Sammlung verschiedenster Kaffeemühlen - sie scheint einen Spleen zu haben. In gleichfalls mechanischer Regelmäßigkeit tauchen die anderen Protagonisten hinter und über den Türmen auf, gucken kurz heraus und verschwinden wieder. Aus diesem statischen Bild wird sich aber eine alles andere als hölzerne Inszenierung entfalten.

Plötzlich wird das Bild wie von Zauberhand lebendig - die Kaffeemühle wird jäh entwendet - und die Geschichte setzt überaus temporeich ein. Kasperl (Martin Petschan) und Seppel (Konstantin Rickert) begeben sich auf Räuberjagd und werden so manches Abenteuer zu bewältigen haben. Wenngleich man viel Wert auf pointierte Bewegungen und Gesten legt, spielt das changieren zwischen statischer Verkrustung in der Welt der Erwachsenen und überbordender Bewegung auf der Seite der beiden Jungen eine zentrale Rolle - dabei ist Hotzenplotz fast wie ein zwischengeschaltetes Scharnier.

Preußlers Geschichte, in eigener Fassung und unter der Regie von Jean Renshaw, bahnt sich ihren Weg in die Herzen des Premierenpublikums. Auch dank unterhaltsam und tiefgründig gezeichneter Figuren, die sich eng an Preußlers Charakteren halten und dennoch behutsam modernisiert erscheinen.

Hotzenplotz, so wunderbar vielschichtig gespielt von Alexander Peiler, ist eine gescheiterte Existenz. Auch rein äußerlich viel mehr als nur ein Stereotyp. Bei aller Bedrohlichkeit steckt tief in ihm eine kindliche Seele. Dagegen stehen der Zauberer Zwackelmann, aber auch der Wachtmeister - beide herrlich steif und schrullig in Szene gesetzt vom wunderbaren Miko Greza.

Die Geschichte wird dank der Dramaturgie von Peter Wallgram zu einem packenden Streifzug durch eine mit viel Bedeutung aufgeladene Fantasiewelt. Wobei Humor, so treffsicher umgesetzt durch Petschan und Rickert, sich wie ein roter Faden durch die gesamte Inszenierung zieht. Situationskomik, aber auch Slapstick legen sich wie eine gute Prise Pfeffer - als ob Hotzenplotz ständig seine Pfefferpistole schwingen würde - über das gut 75-Minütige Stück.

Kein Wunder, dass es trotz der aufgebauten Spannung, immer wieder auch herzliche Lacher im Publikum gibt. Effektvoll eingesetztes Licht taucht die Szenen dieser magisch aufgeladenen Welt in rundum harmonierende Stimmungen, wobei die Idee die Fee Amaryllis (ebenfalls Julia Wolff) in Form einer übergroßen Projektion auftreten zu lassen ein besonders gelungener Höhepunkt ist. Zweifelsohne ein gelungenes Familienstück, das nicht nur bei dem jungen Publikum bestens ankam.