Theater: Afrikaner staunen über Wuppertal
„Le Cadeau“ gastiert heute in der Börse.
Wuppertal. Die Hauptfigur ist ein Hund. Ein großer Hund, struwelig und ungestüm, mit versierter Hand an langen Fäden zum Leben erweckt. Und dieses Familienmitglied, in Europa mit Leckereien und Zärtlichkeiten verwöhnt, wird in den Kongo verschickt, wo Hunde im Haus nichts zu suchen haben und für sich selbst sorgen müssen.
"Le Cadeau", das Geschenk, heißt die Produktion einer deutsch-französisch-kongolesischen Theatergruppe, die heute um 20 Uhr in der Börse zu sehen ist. Darin werden unbarmherzig und voller Ironie Verhaltensweisen und Vorurteile zwischen den Kontinenten aufgedeckt. In das eineinhalbstündige Stück fließen auch die Erfahrungen europäischer Theaterspieler im Kongo beim Unterrichten von Straßenkindern ein.
Die mitspielenden Kongolesen Hubert Mahela, Lambert Mousseka und Mamie Claudine Mambu haben in Kinshasa ein Kulturzentrum gegründet, in dem Straßenkinder und ehemalige Kindersoldaten nicht nur Lesen und Schreiben lernen, sondern auch Theater spielen und Figurenbau. "Wenn wir ihnen die Möglichkeit geben, im Theater zu reden, hören die Leute ihnen zu", sagt Mahela.
Die Kinder erfahren neben grundsätzlichen Fertigkeiten auch, wie man ein eigenes Ensemble gründet und wo man damit gegen Geld auftreten kann. Die ältesten von ihnen stehen inzwischen auf eigenen Füßen, haben sogar schon wieder andere Kinder bei sich aufgenommen. Wer kein Schauspieler werden will, entdeckt vielleicht sein Talent zum Figurenbau oder der Dekoration.
Künstler aus Europa kommen ehrenamtlich ebenfalls nach Kinshasa, um die Jugendlichen zu unterrichten. "Ich war verblüfft, wie talentiert und aufnahmebereit diese Kinder sind. Aber sie wissen, dass es ihre einzige Chance ist", erzählt die Stuttgarterin Stefanie Oberhoff, eine der Mitinitiatorinnen des Projekts. Verschiedene Geldgeber aus Deutschland und Frankreich ermöglichten die Zusammenarbeit von acht Künstlern, die sich abwechselnd in allen Ländern trafen und das Stück entwickelten.
Die Musik konzipierte der Wuppertaler Winnie Walgenbach zusammen mit Mamie Claudine Mambu. Premiere wurde 2005 bei der Ruhrtriennale gefeiert, nun folgt eine Tour durch NRW, München und Stuttgart. In Wuppertal mussten die kongolesischen Künstler erst einmal Mütze und Schal kaufen.
"Wenn es bei uns sehr, sehr kalt ist, hat es 15 Grad", sagt Mahela lachend. Erstaunt waren die Afrikaner, dass hier nirgends Derrick herumläuft, dessen Serien auch im Kongo populär sind: "Wir dachten, der wohnt hier." Und während ihre Gastgeber auf Zehenspitzen liefen, um die Besucher ungestört schlafen zu lassen, wunderten die sich über die ungewohnte Stille.