Ausstellung Neuer Blick auf Else Lasker-Schüler

Das Von der Heydt-Museum beteiligt sich mit der Ausstellung „Prinz Jussuf von Theben und die Avantgarde“ am Jubiläumsjahr.

Antje Birthälmer mit der Zeichnung „Jussuf bewundert eine blaue Rose“, die Else Lasker-Schüler um 1920 schuf.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Ob sie einander jemals gesprochen haben, ist nicht sicher. Obwohl Else Lasker-Schüler (1869 bis 1945) durchaus den Kontakt zu Eduard von der Heydt (1882 bis 1964) suchte. Auch Freunde wie den Kunsthändler Paul Cassirer hatte, die sich in Elberfeld für sie verwendeten. Fakt ist, dass das nach der Sammlerfamilie benannte Von der Heydt-Museum nur wenige eigene Werke der vielseitigen Künstlerin besitzt, die sämtlich, so Antje Birthälmer, kommissarische Leiterin des Hauses, nach dem Zweiten Weltkrieg erworben wurden. Und nun den Ausgangspunkt für eine Ausstellung bilden, die ab 6. Oktober einen ersten und bislang einzigartigen Blick auf die Tochter der Stadt wirft, indem sie Künstlerin und (bildnerisches) Werk in den Zusammenhang der damaligen künstlerischen Avantgarde stellt.

Die Lyrikerin, die auch
mal zeichnete

„Man kannte Else Lasker-Schüler vor allem als Lyrikerin, die auch mal zeichnete“, erzählt Birthälmer, die die Ausstellung kuratiert. Nun aber zeige man die Künstlerin als Netzwerkerin, als Vorkämpferin, ihr bildnerisches Werk in Verbindung mit den fortschrittlichen künstlerischen Köpfen ihrer Zeit. Etwa ihre Rolle in der expressionistischen Zeitschrift „Der Sturm“, deren Triebkraft und vielleicht sogar Namensgeberin sie gewesen sei. Erinnere auch an ihre Freundschaft mit dem Seelenverwandten Franz Marc, die noch heute in einem wunderbaren Postkartenaustausch nachvollzogen werden könne – einige Originale werden in der Ausstellung gezeigt.

Die Werke der malenden Dichterin sind keine großformatigen Leinwandarbeiten mit grobem Pinselstrich. Sie bevorzugte kleinere Papierformate, Briefbögen, Telegrammformulare, auf denen sie mit Farbstiften, Tusche oder verschiedenen Tinten ihre jüdisch-orientalisch inspirierten Phantasiefiguren farbenfroh inszenierte. Mit feinem, detailliertem Strich, mit Gold-, Silber- und Stanniolpapier collagierte, mal eher expressionistisch, mal eher surreal wirkend.

Das Museum besitzt nur wenige Werke von Else Lasker-Schüler

Meist malte sie sich selbst, oft als ihr Alter Ego Prinz Jussuf von Theben, der nun auch der Ausstellung den Namen und das Plakatmotiv nach einem Bild von 1927 gibt, das ihn/sie zusammen mit Buschmännern in der Wüste zeigt. Ihre phantastische Bilderwelt war aber keine Flucht vor der Welt, die sich für sie und ihre Künstlerfreunde ab den 20er Jahren immer mehr verdüsterte. Birthälmer: „Sie war nicht weltfremd, sondern sie zeichnete Alternativen zur Realität.“

Etwa 200 Arbeiten trägt das Von der Heydt-Museum in den nächsten Wochen in seinem Gebäude am Turmhof zusammen. Zirka 70 Zeichnungen und 20 Bücher hat Lasker-Schüler selbst gefertigt, nur drei Zeichnungen und das Buch „Theben“ stammen aus dem Bestand des Wuppertaler Museums. Lasker-Schülers Werk wurde unter den Nationalsozialisten nicht mehr ausgestellt, sondern verfemt. Erst nach dem Krieg wurde sie von Sammlern entdeckt.

Viele namhafte Leihgeber wurden nun gewonnen, so Birthälmer, die rund hundert Werke beisteuerten. Darunter die Else Lasker-Schüler-Gesellschaft, das Jüdische Museum Frankfurt, das Kupferstichkabinett Berlin, das Franz Marc-Museum in Kochel, die Sammlung Kahmen in Neuss und das Deutsche Literaturarchiv in Marbach. Die auch Porträts der Künstlerin verleihen, die zum Beispiel Otto Pankok, Theodor Frankenbach, Josef Scharl malten. Jankel Adlers Porträt von Lasker-Schüler ist schon da, es gehört dem Museum. Birthälmer freut sich über jedes einzelne Ausstellungsstück und dass ihr Konzept so gut aufgenommen wurde.

Die Besucher können Lasker-Schülers Lebensweg im 1. Obergeschoss nachverfolgen, das sich für die kleinformatigen, intimen Arbeiten gut eigne, sagt Birthälmer. Stationen sind die Jugendzeit in Elberfeld, ihre Zeit in Berlin, wo sie nach ihrer ersten Heirat mit dem Arzt Berthold Lasker lebte und in die bohèmehaften Kreise eintauchte. Ein Thema ist ihre Zeit mit Ehemann Nummer zwei, Herwarth Walden, die „Sturm“-Phase und ihre Beziehung zu den Expressionisten und zum „Jungen Rheinland“. „Hier zeigen wir viele Werke aus unserer Sammlung als Hommage an die Künstlerin.“

Auch an ihr berühmtes Schauspiel „Die Wupper“ (1919) wird mit Bühnen- und Kostümentwürfen erinnert. Als die politische Entwicklung in Deutschland das Leben für sie und ihre Freunde zunehmend gefährlich machte, führte ihr Weg über die Schweiz nach Palästina, das sie dreimal bereiste, wo sie 1945 starb. Die Künstlerin politisierte sich, begann vom Hebräerland zu träumen. „Sie setzte sich für Versöhnung und ein friedliches Zusammenleben ein.“ Lasker-Schüler war eine vielseitige Künstlerin, die mit der Kunst und den Künstlern ihrer Zeit eng verbunden war.