Wie in einem düsteren Gangsterfilm

Das Tanztheater im Parkhaus — es ist kalt, es ist dunkel, aber es ist auch voller kreativer Überraschungen.

Foto: Rainer Schlautmann

Wuppertal. Welch ein Spielplatz! Ein riesiges Parkdeck im Wicküler Park haben Mitglieder des Tanztheaters am Wochenende zu ihrer Bühne gemacht — im Grunde ein zugiger Unort, den man bei normalem Gebrauch nicht beachtet und schnellstmöglich wieder verlässt. Nun aber suchten ihn am Freitag, Samstag und Sonntag abends jeweils 200 Zuschauer auf (mehr waren nicht zugelassen), um sich auf die „Stücke, Skizzen und Installationen“ von „Underground III“ einzulassen.

Foto: Rainer Schlautmann

Die Umgebung stellt vor allem an die Tänzer, aber auch an die Besucher erhöhte Anforderungen: Es ist kalt, es ist dunkel, es ist unbequem für die Zuschauer, weil es keine Sitze gibt außer ein paar Hockern und schmalen Leitplanken. Es ist ungewohnt, dass nicht jeder immerzu alles sehen kann, weil sich die Mitgucker drängen.

Foto: Rainer Schlautmann

Eine Umgebung aber auch, die ungeheures kreatives Potenzial birgt. Wo sonst hat man so viel Platz, dass man ein Auto von der Auffahrtsrampe in voller Fahrt und mit quietschenden Reifen heranpreschen lassen kann, auf dass sich Rainer Behr mit dem (nun behutsam gesteuerten) Gefährt ein tänzerisches Duell wie in einem Gangsterfilm liefern kann? Mit einem Laubpuster im Maschinengewehr-Look besiegt er schließlich den Widersacher.

Scheinbar wie von selbst entstehen neuartige, verblüffende Bilder unter der niedrigen Decke — wenn von ganz weit hinten Ales Cucek herantanzt, Matthias Burkert ihn auch räumlich auf dem Klavier begleitet und die Zuschauer ihnen spontan entgegengehen und sich in einer organischen Bewegung zum Spalier aufstellen.

Über das ganze Parkdeck sind die Spielstätten verteilt. Jede Szene, die einer der meist jüngeren Tänzer entwickelt hat, bekommt eine eigene Bühne. Regina Advento richtet an einem Tisch ein Puppenhaus ein, Als ein Monitor dazugeschaltet wird, verwandelt sich die Szenerie, die an die Wand projiziert wird, in einen Tisch mit ausgeschnittenen Tellern und Bestecken.

Es gibt aktuelle politische Bezüge. So wird Cagdas Ermiss als eine Mischung aus Gladiator und Taliban ausstaffiert, eine Frau weint, eine kleine Gruppe hält Totenwache bei wechselnden - beklemmend in dieser rohen Umgettbung.

Skizzenhaft ist vieles, mit Schall und Schatten hätte man bei längerer Beschäftigung ausgefeilter spielen können. Doch das nicht ganz Ausgestaltete hat zugleich eine reizvolle Frische.

Der Zauber verliert seine Kraft nicht mit dem Schlussapplaus. All die Eindrücke verwandeln das Parkdeck in einen fast vertrauten Ort, an dem die Menschen noch plaudernd zusammenstehen, als alle Neonröhren wieder eingeschaltet sind.