Kultur „Grinsen macht die Welt nicht heil, aber erträglich“

Werkstattlesung des Verbandes deutscher Schriftsteller im Loch.

Matthias Rürup war einer der Autoren bei der Werkstattlesung des Verbands deutscher Schriftsteller.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Es war die fünfte Werkstattlesung des Verbandes deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS) Bezirk Wuppertal Bergisches Land in diesem Jahr. Da das Literaturhaus wegen Umbauarbeiten nicht zur Verfügung steht, war diesmal das „Loch“ im Haus der Jugend Veranstaltungsort. Moderatorin Christiane Gibiec bedankte sich für die freundliche Aufnahme im gemütlichen Ambiente und ehrte zu Beginn mit zwei Gedichten die kürzlich verstorbenen Wuppertaler Schriftsteller Karl Otto Mühl und Dorothea Müller.

Drei Vertreter des VS gaben Einblick in ihr aktuelles Schaffen. Den Beginn machte Matthias Rürup. Der wissenschaftliche Mitarbeiter des Instituts für Bildungsforschung an der Universität Wuppertal stellte sein aktiv im Werden befindlichen Buchprojekt „Chefchen“ vor. Dazu gab es Dias der von Robert Voss erstellten Illustrationen.

„Grinsen macht die Welt nicht heil, doch will es sie erträglich machen.“ Seine Lyrik verlangt genaues Hinhören, ist kompakt und teilweise verklausuliert. „Chefchen am Ende, Chefchens Traum, Chefchens Spielwiese“, einzelne Passagen stellte Rürup vor. Sprache ist endgültig, nicht nur Zeichen. Das Chefchen steht in der Mitte zwischen oben und unten, ist kein Autoren-Ich.

Dieter Jandt ist Hörfunkjournalist und stellte ebenfalls Lyrik vor. Alltagsbegebenheiten verarbeitet er, Situationen, die er auf der Hardt oder beim Wandern im Ahrtal erlebte und beobachtete. Tiere am Fluss sind Thema, Menschen in ihren Verhaltensweisen, einzelne Begebenheiten, die ihn zu Gedichten veranlassten. Oft kommen die Einfälle spontan, mit Berliner Dialekt betrachtet er die Maria bei einem Kreuzweg. Zwischen lustig und ein wenig makaber sind seine Gedanken zu dem ans Kreuz „gehefteten“ Leichnam Christi. Auch Corona wird zum Thema, Schlange stehen vor dem Café Engel. Verstecken hinter der Maske: „Es zieht im eigenen Gebälk. Kein Stoßlüften fand da jemals statt.“

Hermann Schulz, 82 Jahre alt, kann auf rund 30 veröffentlichte Bücher zurückblicken, davon 24 erzählende. Dabei ist er erst seit etwa 20 Jahren, seit einer Pensionierung, schriftstellerisch aktiv. Als junger Mann war er 1960 für einen längeren Zeitraum in der Türkei. Er las aus seinen Erinnerungen, nahm die Zuhörer mit nach Istanbul und Antalya, ließ sie an seinen Bekanntschaften teilhaben und erzählte auch unfreiwillig Komisches.

Tränen vergoss er, als er nach langer Zeit wieder deutsche Worte hört bei dem Lied „Die Gitarre und das Meer“ von Freddy Quinn. Ein geschenktes und von ihm zerlegtes Wildschwein kann er nicht einfrieren lassen, erst als er es zu Rindfleisch erklärt. Freundschaften sind in der Zeit entstanden, die viele Jahre überdauerten. Schulz erinnert sich an Johannes Rau, der ihn in den Peter Hammer Verlag holte und den er einst um 50 DM Vorschuss bat. „So hatte sich Rau das nicht vorgestellt. 20 DM hat er mir gegeben.“

Die nächste Werkstattlesung findet am 7. Dezember statt. Es lesen Angelika Zöllner, Matthias Dohmen und Torsten Krug. Der Veranstaltungsort wird noch bekanntgegeben.