Wuppertals neue Proserpina: Elena Fink geht an ihre Grenzen
Die Sopranistin hat am 11. April Premiere in Barmen. Ihre Rolle ist „Hochleistungssport“.
Wuppertal. "Die Rolle hat mich einige schlaflose Nächte gekostet." Zum Glück ist Elena Fink aufgeweckt genug, um sich dennoch (oder gerade deshalb) auf ihren ersten Auftritt als Proserpina zu freuen. Seit sechs Monaten bereitet sich die Sängerin der Wuppertalerin Bühnen auf ihre Premiere am 11.April vor.
Proserpina, die Sex-Sklavin wider Willen, beflügelt in Wolfgang Rihms Uraufführungs-Produktion die Phantasien der Männer. Da ist es kein Wunder, dass auch die Hauptdarstellerin intensive Gefühle durchlebt: "Das Stück packt mich emotional. Es geht 70 Minuten durch vier Oktaven - also musikalisch wie schauspielerisch an Grenzen."
Für Fink ist die Rolle "Hochleistungssport": "Sie verlangt mir alles ab - ganz laute, dann wieder sehr leise Töne." Der Balanceakt hat es in sich, zumal die Titelfigur die Inszenierung trägt und sich Fink die Bühne nur mit drei stummen Schauspielern teilt. Der zwölfköpfige Damenchor sitzt derweil im Orchestergraben - neben den 16 städtischen Musikern, die Rihms Monodram nach Johann Wolfgang von Goethe in kleiner Besetzung präsentieren.
Wenn ein zeitgenössisches Stück auf dem Spielplan steht, noch dazu eine brutale Handlung angekündigt und eine Einführung angeboten wird, also Erklärungsbedarf besteht, schrillen bei potenziellen Zuhörern womöglich die Alarmglocken. Auch Beate Baron, die Regisseur Hans Neuenfels zur Seite stand und in Wuppertal für die szenische Einstudierung verantwortlich ist, deutet an, dass nicht nur die Künste der Sopranistin, sondern ebenso die Assoziationsfähigkeiten der Zuhörer gefordert sind. Dass es in provokativen Bildern um die Frage geht, "was Brutalität mit einer Frau macht", formuliert Baron galant: "Es ist kein schwieriges, sondern ein wunderbar geheimnisvolles Stück."
Kein Geheimnis ist, dass "Proserpina" nur als Koproduktion mit den Schwetzinger Festspielen möglich wurde - gefördert vom "Fonds Neues Musiktheater". Knapp ein Jahr nach der Uraufführung in Schwetzingen ist sie nun erstmals in Barmen zu sehen - mit Wuppertaler Besetzung.
In Schwetzingen hat Rihms Werk bereits Aufsehen erregt: Die Zeitschrift Opernwelt kürte es zur Uraufführung des Jahres 2009. Das Besondere entdeckt Fink darin, dass der bekannte Mythos nun vollkommen neue Einsichten ermöglicht: "Es ist spannend, dass es einmal nicht um die Mutter oder die Götter, sondern um Proserpina geht - also darum, wie sich die Tochter fühlt, die entführt und misshandelt wird." Die sportliche Aufgabe nahm die Sopranistin deshalb nur allzu gerne an: "Es ist toll, dass ich eine ganz neue Seite zeigen kann."