Diskussion in Ronsdorf Umstrittener L419-Ausbau in Wuppertal-Ronsdorf: „Optimistisch, dass wir die Klage gewinnen“

Wuppertal · In Ronsdorf diskutierten Experten darüber, warum die Pläne für die Landesstraße nicht mehr zeitgemäß sind – und ob eine Klage erfolgreich sein könnte.

 Ein Abend, um klare Worte zu finden (v.l.): Olaf Kupfer, stellvertretender Chefredakteur der WZ, und Umweltwissenschaftler Michael Kopatz vom Wuppertal Institut.

Ein Abend, um klare Worte zu finden (v.l.): Olaf Kupfer, stellvertretender Chefredakteur der WZ, und Umweltwissenschaftler Michael Kopatz vom Wuppertal Institut.

Foto: Andreas Fischer

Ob die Planungen zum Ausbau der L419 in Ronsdorf fortgesetzt werden, entscheidet sich am 9. Oktober vor dem Oberverwaltungsgericht Münster. Dort klagt der Ronsdorfer Verschönerungsverein – und Vorsitzender Martin Schwefringhaus ist verhalten optimistisch, „dass wir die Klage gewinnen“. Dies äußerte er bei einer Podiumsdiskussion, zu der am Donnerstag etwa 120 Gäste in die Aula der Erich-Fried-Gesamtschule gekommen waren.

Ausgehend von der Frage, ob eine „Autobahn“ durch Ronsdorf noch zeitgemäß ist und unter der Moderation des stellvertretenden Chefredakteurs der Westdeutschen Zeitung, Olaf Kupfer, diskutierten Verkehrs- und Naturschutzexperten sowie Anwohner über die Pläne, die L419 zwischen Lichtscheid und Erbschlö vierspurig ohne Ampeln sowie mit Auf- und Abfahrten auszubauen und an die A1 anzuschließen. Damit soll die Strecke „ihrer Bedeutung für den überregionalen Verkehr im Großraum Wuppertal gerecht werden“, heißt es seitens Straßen NRW. Dadurch werde nicht nur die südliche Umgehung der Stadt Wuppertal realisiert, „sondern auch eine Alternative zur A46 geschaffen“. Wie Martin Schwefringhaus kritisierte, würde diese Umgehung für die A46 eine Entlastung von maximal sechs Prozent schaffen.

In einer vorläufigen Einschätzung hatte das Gericht Mitte September geäußert, dass der im Januar gefasste Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Düsseldorf aus formellen Gründen nicht rechtmäßig sei (die WZ berichtete). Der Grund: Die Bezirksregierung ist für die Planung des Projekts nicht zuständig, weil die L419 nach dem Ausbau zu einer Bundesstraße werden soll – und so am Ende eine Landesstraße genehmigt, aber eine Bundesstraße gebaut würde.

Marina Falke, Referentin für zukunftsfähige Mobilität beim Bund NRW, erläuterte, wie die Bedarfsplanung für Landesstraßen funktioniert – und wies darauf hin, dass die Planungskosten bei 100 Millionen Euro liegen würden, der Planungsstand aber auf dem Jahr 2007 basiere. „Wenn der Planfeststellungsbeschluss nicht rechtmäßig ist, darf die L419 auch nicht ausgebaut werden. Zumal wir von mindestens 60 Prozent Preissteigerung ausgehen müssen.“ Aufgrund der Finanzlage sei auch eine Neuplanung auf Bundesebene unrealistisch.

Wie Michael Kopatz, Umweltwissenschaftler am Wuppertal Institut und Dezernent für Stadtplanung in Marburg, erläuterte, sei das Projekt aber allein in Bezug auf die nötige Verkehrswende destruktiv. „Das Klima entwickelt sich dramatisch“, sagte Kopatz. Klimaschutz sei schon seit 1986 ein wichtiges Thema, „nur in der alltäglichen Lebensbewältigung fällt uns das schwer“. Über die Jahre sei immer mehr in den Straßenbau investiert worden, deren Nutzer eine deutlich größere Lobby besäßen als die Befürworter alternativer Verkehrsmittel. „Wir sind heute täglich genauso lange unterwegs wie zu Zeiten der Postkutsche, aber auf deutlich längeren Strecken. Weil alles schneller wird.“

Institutskollege Oliver Wagner ergänzte, dass die Umsetzung der Verkehrswende viel mit Gewohnheiten zu tun habe: „Wir haben uns auf die Automobilität eingerichtet und das kriegt man nicht so schnell geändert. Wer die Elberfelder Nordstadt ansieht, wird sagen: Der Autoverkehr ist furchtbar, gleichzeitig hätte man aber gerne einen Parkplatz.“ Dies führe zum Beispiel dazu, dass Gehwegparken gang und gäbe sei und nicht geahndet werde. „Aber wenn es im eigenen Haus brennt und die Feuerwehr nicht durchkommt, wird man eine andere Perspektive einnehmen.“

Zudem, führte Oliver Wagner weiter aus, würde sich der Öffentliche Nahverkehr zunehmend verschlechtern. „Meine 15-jährige Tochter träumt davon, endlich den Führerschein machen zu können, weil sie den schlechten Zustand des ÖPNV und die Verbindungen nicht mehr ertragen kann. Das kann aber nicht der Sinn sein, wir müssen den ÖPNV attraktiver machen.“

In der Diskussion, an der sich auch Bürger mit Fragen beteiligten, wurden auch die möglichen Folgen für den Wuppertaler Stadtteil deutlich. Martin Schwefringhaus erläuterte, dass die L419 zwei Funktionen erfülle: „den innerörtlichen Verkehr in Ronsdorf zu strukturieren und über das Quartier Erbschlö-Linde den Fernverkehr zu regeln“. Bei einem Ausbau würde dem Fernverkehr der Vorrang gegeben, außerdem hätte die stärkere Versiegelung große Folgen bei der Starkregenereignissen.