Schwimmen: Der Neue setzt auf Mentalkraft
Farshid Shami hat seinen Posten als Cheftrainer beim SV Bayer angetreten. Er muss die Mannschaft neu formen.
Wuppertal. "Als guter Trainer muss man auch ein guter Psychologe sein, ich versuche beides zu verbinden." Dass dieser Satz für Farshid Shami wie ein Credo ist, glaubt man ihm nach einem Blick auf seinen Werdegang gern.
Studium der Sportwissenschaft, Promotion zum Thema "Einfluss mentalen Trainings auf die Wettkampfleistung im Schwimmsport", als Lehrbeauftragter und Schwimmtrainer das Pendeln zwischen Hörsaal und Beckenrand stehen zu Buche. Jetzt fällt dem 37-Jährigen, der in der Schwimmsportszene noch ein unbeschriebenes Blatt ist, die Aufgabe zu, beim großen SV Bayer Wuppertal einen Neuaufbau zu leisten.
Shami soll die Lücke schließen, die Henning Lambertz nach seinem Weggang nach Essen hinterlässt, muss dazu auf Hoffnungsträger wie Daniela Samulski, Troy Arnicke oder Katharina David verzichten, die Lambertz folgen.
"Es war klar, dass es nach Olympia eine Zäsur geben würde, da haben wir uns entschieden, mit Farshid Shami neue Wege zu beschreiten", sagt Simone Osygus, Geschäftsführerin der Bayer-Schwimmabteilung. Sie nennt den Neuen "gut ausgebildet, dynamisch, ehrgeizig" und vor allem "nicht vorbelastet" in der als nicht unbedingt einig geltenden deutschen Schwimmsportszene.
Eigentlich hätte Shami, den der SV Bayer unter mehreren Bewerbern ausgewählt hatte, zum 1. September beginnen sollen. "Ich bin aber schon seit Mitte August hier, ich wollte die Mannschaft so schnell wie möglich kennen lernen, das hier ist eine große Aufgabe", sagt er akzentfrei. Kaum zu glauben, dass er erst Deutsch lernte, nachdem er 1993 zum Studium aus dem Iran nach Deutschland kam. Seit 2002 ist er deutscher Staatsbürger.
Nun hängt an ihm nicht nur die Zukunft des SV Bayer, sondern ein Stück auch die des Schwimmstandorts Wuppertal, der seit 1974 Bundesstützpunkt ist. 2009 steht dieser Status zur Disposition. Essen und Dortmund sind in NRW starke Mitbewerber. Wenn es wie früher rein nach Kaderschwimmern gehen würde, hätte Wuppertal schlechte Chancen.
Da sind nur noch Sarah Poewe (studiert weiter in den USA) und Steffen Driesen übrig. Die neuen Hoffnungsträger heißen Christian vom Lehn, national Bester über 200m Brust im Jahrgang1992 oder Jacub Smok (17). "Von der Infrastruktur her gibt es hier weiter beste Bedingungen", sieht Ralf Beckmann, Schwimmkoordinator der Stadt und ehemaliger DSV-Sportdirektor den Zug, Bundesstützpunkt zu bleiben, nicht abgefahren.
"Natürlich darf man in den nächsten Jahren nicht mit Titeln in Serie rechnen. Ein Neuaufbau braucht Zeit, die sollte man Farshid Shami schon geben", so Beckmann. Aus seiner Sicht hat der SV Bayer eine gute Wahl getroffen. "Das Landtraining ist viel härter geworden", sieht Schwimmer Christian vom Lehn bereits erste Veränderungen. Demnächst soll noch Mentaltraining dazu kommen.