Soziales Melanie Zogakis erzählt über ihre Erfahrungen bei einem Freiwilligen Sozialem Jahr im Kinderhospiz Burgholz in Wuppertal
Wuppertal · „Auch an dunklen Tagen haben die Kinder ein Lächeln im Gesicht“
Die Arbeit in einem Kinderhospiz ist nicht immer einfach. Trauer und Tod sind die ersten Assoziationen, die bei dem Gedanken daran aufkommen. Melanie Zogakis möchte die Stereotypen aufbrechen und um positive Aspekte erweitern. Das Kinderhospiz Burgholz ist nicht von Traurigkeit erfüllt, sondern von Lebensfreude.
Melanie Zogakis machte vor vier Jahren ihr Freiwilliges Soziales Jahr, kurz: FSJ, im Kinderhospiz Burgholz. Danach entschied sie sich, eine Ausbildung zur Gesundheits- und Kinderpflegerin zu absolvieren, um als Vollzeitkraft dorthin zurückzukehren. Der Weg lag nicht immer so klar vor ihr. Nach der Schule wusste Melanie Zogakis nur: Sie will mit Menschen und Kindern zusammenarbeiten. Da war das FSJ naheliegend. Jetzt möchte sie auch andere motivieren, ein solches Jahr zu absolvieren.
Besonders die Abwechslung macht der ehemaligen FSJlerin Spaß. Jedes Kind sei anders und der Tagesablauf werde individuell an deren Bedürfnisse angepasst. Das kann an heißen Tagen eine Pool-Party sein, gemütlich aus Büchern vorlesen oder Musik hören oder aber einfach mal die Nägel lackieren. Dabei sollte Empathie und Einfühlungsvermögen vorhanden sein. Nicht jedes Kind kann sich artikulieren, weshalb ihre Stimmung an ihrer Gestik und Mimik abgelesen werden muss. „Wir tragen ganz große Verantwortung“, weiß Melanie Zogakis: Verantwortung für das Wohlergehen der Kinder. Es könnte zu jeder Zeit etwas passieren, bei dem schnell eingegriffen werden muss. Da gilt es, selbstsicher zu sein und schnell zu reagieren. FSJler werden natürlich nicht sofort ins kalte Wasser geworfen, hebt Melanie Zogakis hervor. Sie werden in den ersten Wochen Mitarbeiter begleiten und Erfahrungen sammeln, bis sie bereit sind, die ersten Aufgaben allein zu übernehmen.
„In diesem Jahr habe ich mich sehr schnell weiterentwickelt und viel gelernt“, erinnert sich Melanie Zogakis. Diese Veränderung beobachtet auch Geschäftsführerin Kerstin Wülfing. „Es ist spannend zu sehen, wie die Persönlichkeit sich in dem Jahr entwickelt.“ In diesem unbewussten Reifungsprozess seien die Schüler zu Beginn des Jahres schüchtern und zurückhaltend und am Ende offen und selbstbewusst. Die Unterstützung der Kollegen mache das möglich.
Alle ziehen an einem Strang und helfen sich gegenseitig. Aber auch die Kinder bringen einem viel über das Leben und Lebensfreude bei, bemerkt Melanie Zogakis. „Auch an dunklen Tagen haben die Kinder ein Lächeln im Gesicht.“
Auseinandersetzung
mit dem Tod ist unumgänglich
Trotz der schönen Erfahrungen ist eine Auseinandersetzung mit dem Thema Tod unumgänglich. Angehörige bekommen auf verschiedene Arten die Möglichkeit, Abschied zu nehmen und zu trauern. Das Kinderhospiz stellt einen sicheren Raum dar, um loszulassen und den Gefühlen freien Lauf zu lassen, ohne jegliche Wertung.
Das geht auch an den Mitarbeitern nicht vorbei. Sie können sich auf ihren gegenseitigen Trost verlassen, um die Trauer nicht mit nach Hause zu nehmen, erzählt Melanie Zogakis. „Es geht nicht um das Sterben, sondern um Normalität“, betont Wülfing. Das Hospiz ist auch eine Entlastungspflege für die Eltern. Ein Ort, wo die Familie einfach mal durchatmen kann und Familie sein darf. Wo sie gleichgesinnte Familien treffen, Kontakte knüpfen und sich gegenseitig Halt geben können. Zehn Kinder plus Angehörige finden in den Räumen Platz. Melanie Zogakis wünscht sich, dass mehr junge Erwachsene sich für ein FSJ und den Beruf interessieren.
Gemeinsam mit ihnen will sie diese Seite vom Leben zeigen und alte Denkweisen zum Beispiel über Behinderungen aufbrechen. Ihr Tipp an alle zukünftigen FSJler lautet: offen sein und sich vorstellen. Wenn Sorgen und Wünsche offen angesprochen werden, können sie auch berücksichtigt werden, erklärt Melanie Zogakis. „Man braucht sich nicht zu schämen. Stellt Fragen und zeigt Interesse.“
Besondere Schlüsselmomente gibt es für die ehemalige FSJlerin nicht. Für sie sind die kleinen Erlebnisse jeden Tag besonders. „Man sitzt zusammen an einem schönen Tag draußen, tauscht sich aus und genießt die Sonnenstrahlen“, erzählt sie. Herausfordernd sind für sie Momente, in denen sie dem Kind den Schmerz abnehmen möchte, es aber nicht kann. „Man kann nur tun, was in der eigenen Macht steht.“ Bei allem anderen gilt: aushalten.
Noch sind
Plätze frei
Zu jedem FSJ gehören Seminare. Dort kommen FSJler aus verschiedenen Regionen und Berufen zusammen, um sich über das Erlebte auszutauschen und in den Seminaren über Kommunikation und die Stärkung der Persönlichkeit zu lernen. Bis zu sechs FSJler kann das Kinderhospiz mit dem Internationalen Bund als Träger aufnehmen, davon zwei im sozialpädagogischen Bereich und vier im Pflegebereich. Beginn ist immer im September.
Für dieses Jahr sind noch Plätze verfügbar. Interessierte Bewerber können sich direkt bei dem Kinderhospiz oder beim Internationalen Bund melden. Selbst wenn die berufliche Karriere nach dem FSJ in eine andere Richtung gehen sollte: Man hat das Arbeitsleben kennengelernt und Erfahrung gesammelt, weiß Melanie Zogakis. „Man lernt viel, ohne es zu merken, und muss sich noch nicht mal dafür zu Hause hinsetzen.“ Das FSJ sei also in keinem Fall eine Zeitverschwendung gewesen.
Im Gegenteil – es ist für sie eine Zeit, die prägt und viele Erkenntnisse für das Leben mitbringt.