Nach der Zielvereinbarung zwischen Land und Uni: Alle Fachbereiche leiden unter immensem Kostendruck
Uni-Dekan Professor Reint Eujen äußert sich im WZ-Interview zur Rolle der Naturwissenschaften bei der Neuausrichtung der Bergischen Universität.
Wuppertal. Herr Professor Eujen, Anfang des Jahres hat die Bergische Universität eine Zielvereinbarung mit dem Land abgeschlossen und sich damit für die Zukunft positioniert. War das ein guter Tag für Sie?
Reint Eujen: Natürlich nicht. Unser Fachbereich erfährt derzeit die massivsten Einschnitte in seiner Geschichte. Daran ist nicht nur die Zielvereinbarung schuld. So ist die Universität keine Landeseinrichtung mehr. Sie muss sich im Wettbewerb mit anderen Universitäten behaupten. Und da kämpft die Wuppertaler Uni keineswegs an vorderster Front. In den für die Mittelzuweisung des Landes entscheidenden Wettbewerbsparametern - Zahl der Absolventen und Drittmittel - liegt Wuppertal unter dem Landesdurchschnitt. All das hat gravierende Auswirkungen auf die Finanzausstattung. Das heißt, es muss weiter gespart werden, komme, was wolle. Und die Einsparungen landen überwiegend bei uns, den Fachbereichen.
Die Ingenieurs- und Naturwissenschaften trifft es dabei besonders hart, denn die Ausrichtung der Universität geht klar in Richtung Lehrerausbildung.
Eujen: Zur Lehrerausbildung gehören ganz nebenbei auch die Naturwissenschaften. Davon abgesehen - alle Fachbereiche leiden unter immensem Kostendruck. In der Physik und der Chemie muss allerdings auch mit den gleichen Mitteln eine besonders kostspielige Infrastruktur finanziert werden. Werkstätten, Labore, teure Maschinen, die permanent laufen müssen. All das verursacht Kosten, die sich nicht einfach wegsparen lassen.
Was lässt sich denn wegsparen?
Eujen: Personal, und zwar das mit zeitlich befristeten Verträgen. Andere Möglichkeiten haben wir kaum. Aber das bringt uns wieder in neue Schwierigkeiten. Wir haben mittlerweile größte Probleme, unsere Praktika in den Laboren zu organisieren. Das bedeutet, wir können die Studenten nicht angemessen betreuen. Hier schlägt der Sparzwang ganz klar auf die Qualität des Studiums, aber auch auf die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses durch. 1,2 Millionen Euro im Personalbudget haben wir verloren. Das sind 20 Stellen.
Im Gegensatz zu den Geisteswissenschaften, fällt es ihnen aber leichter, Drittmittel einzuwerben. Das ist mittlerweile eine der tragenden Säulen der Hochschulfinanzierung.
Eujen: Stimmt, 45 Prozent der an der Bergischen Universität eingeworbenen Drittmittel kommen allein aus unserem Fachbereich. Das sind zurzeit 5,5 Millionen Euro. Damit müssen wir uns nicht verstecken.
Aber es reicht nicht, um den Fachbereich angemessen auszustatten.
Eujen: Das kann es nicht. Wir finanzieren mit unseren Drittmitteln zweckgebundene Forschungsprojekte, für die die Hochschule die Grundvoraussetzungen bereitstellen muss. Hierfür kommt bei der Verteilung der Haushaltsmittel der Leistungsparameter "Drittmittel" zum Tragen. Allerdings müssen wir damit Defizite beim Parameter "Zahl der Absolventen" auffangen.
Weil bei der Mittel-Zuteilung künftig Abschlüsse gezählt werden.
Eujen: Natürlich, die Naturwissenschaften haben vergleichsweise wenige Studierende, die aber ein teures Studium gewählt haben. Kleinere und teure Fachrichtungen, die aber keineswegs weniger wichtig sind als Massenfächer, kommen bei der Mittelverteilung schlecht weg. Auch der an die Fachbereiche gehende Anteil der Studiengebühren wird künftig pro Kopf verteilt, wieder ein Nachteil für uns. Andere Reserven sind uns durch die Abschaffung des Globalhaushalts weggebrochen.
Soll es bei der Verteilung der Studiengebühren nicht eine Ausnahme geben?
Eujen: Es gibt Aussagen der Unileitung, dass aus dem Anteil der Studiengebühren, über den das Rektorat verfügt, ein gewisser Ausgleich bei den teuren Fächern mit wenig Studierenden erfolgen soll. Das zeigt immerhin, dass das Rektorat unsere Not erkannt hat. Ob das funktioniert, wird sich im Laufe des Jahres zeigen.
Was macht Ihnen Hoffnung?
Eujen: Wir sind an der Schmerzgrenze. Die Frage ist, ab welchem Zeitpunkt macht es keinen Sinn mehr, einen Fachbereich aufrecht zu erhalten. Hoffnung schöpfe ich aus dem Wissen, dass diese Universität ohne Naturwissenschaften und auch ohne Ingenieurswissenschaften nicht überleben kann. Schon unsere Drittmittel sind für die Universität ein Wettbewerbsindikator. Wenn sich die Hochschule zu stark auf die Lehrerausbildung konzentriert, dann ist das angesichts der in einigen Jahren abnehmenden Schülerzahlen sehr gefährlich. Ich bin optimistisch, dass wir auch in Zukunft unseren Studierenden gute Bedingungen bieten können, gerade weil wir im universitären Vergleich klein sind und auf die Bedürfnisse der Studierenden flexibel eingehen können.
Porträt Prof. Dr. Reint Eujen (60) ist seit 1976 an der Bergischen Hochschule und zurzeit Dekan des Fachbereiches C, Mathematik und Naturwissenschaften mit den Fächern Mathematik und Informatik, Physik, Chemie sowie ganz aktuell Biologie. Der Fachbereich hat insgesamt 352 Beschäftigte, darunter 74 Professoren und Privat-Dozenten.
Studenten Am Fachbereich C studieren derzeit rund 1550 Studenten (davon 792 Lehramt), die Mehrzahl davon im Fach Mathematik und Informatik.