Kultur Neue Ausstellung: Der Fahrradmaler von Wuppertal
Wuppertal · Unter dem Titel „Gazelle“ sind in der Gesellschaft Concordia Werke von Oliver Sachse zu bestaunen.
Es sind abstrakt anmutende Linien, die sich auf hellem Grund zusammenschließen, und dann erkennt man es: Das Motiv ist ein Fahrrad. Die beeindruckenden, teils haptischen Fahrradgemälde des Künstlers Oliver Sachse werden zurzeit in der Gesellschaft Concordia zur Schau gestellt. Am Sonntag, 10. November, fand die Vernissage in Barmen statt, und zu Gast waren viele befreundete Künstler wie Christian von Grumbkow, ebenso wie der Kulturpolitiker Helge Lindh, dem der Künstler es verdankt, dass eines seiner Bilder auch den Bundestag ziert.
Der Protagonist in Sachses Werken ist die Gazelle. Gemeint ist hier nicht das elegante Tier, sondern das traditionsreiche Zweirad, das in den Niederlanden produziert wurde. Oliver Sachse stammt vom Niederrhein, wo solche Hollandräder verbreitet sind. „Wer Geld hatte, konnte sich eine Gazelle leisten“, erzählt der Künstler aus seiner Kindheit. Er selbst konnte sich damals keine leisten, nahm sich jedoch vor, eines Tages eine zu kaufen. Diesen Traum hat er sich erfüllt, und auch heute bleibt er der Marke treu. Seine Frau und er fahren beide Gazelle, mittlerweile sogar als E-Bike.
Die Leidenschaft für
die Malerei begann schon früh
Oliver Sachse, geboren 1964 in Wesel, wuchs in Ringenberg und Hamminkeln auf und lebt seit 1986 in Wuppertal. Seine Leidenschaft für die Malerei begann früh; bereits im Alter von zwölf Jahren erhielt er Unterstützung von Künstlern wie Kuno Lange und Heinrich Kemmer. Später unterrichtete er selbst Jugendliche im Zeichnen und entwickelte in Wuppertal seinen eigenen künstlerischen Stil. Seine Werke wurden in mehreren öffentlichen Einrichtungen ausgestellt, unter anderem im Landtag NRW. Eines seiner Bilder wurde 2023 vom Deutschen Bundestag erworben.
Im Jahr 2012 entschied sich Sachse für eine Neuausrichtung seiner künstlerischen Arbeit. „Damals hatte ich eine Schaffenskrise und wollte etwas verändern“, so Sachse. Er wollte zurück zu seinen Wurzeln: der Linie. Doch das Motiv fehlte noch – es sollte Teil seiner Biografie sein. Dann sah er seine Gazelle und es war ihm klar: „Das ist Teil meiner Geschichte.“ Für ihn symbolisiert das Fahrrad Freiheit und Mobilität, und es sei ein archetypisches Symbol, das jeder versteht. „Gleichzeitig ist es auch ein Politikum“, so Sachse, „man ist entweder für das Fahrrad und gegen das Auto oder umgekehrt“. Er selbst fährt beides: seine Gazelle und einen alten Bulli.
Heute ist er über Wuppertals Grenzen hinaus als „Fahrradmaler“ bekannt. „Als Künstler muss man froh sein, wenn man solch einen Wiedererkennungswert hat“, sagt er sichtlich stolz. Natürlich malt er aber auch andere Motive.
Einzigartige haptische
und räumliche Wirkung
In seinen aktuellen Arbeiten nutzt er kräftige Graphitstriche, die die Umrisse der Objekte betonen und sich vom abstrakten Hintergrund abheben. Der Untergrund besteht aus einem auf Holz gespannten Stoff, der mit Wandfarbe und verschiedenen Farben sowie Materialien bearbeitet wird. Durch eine spezielle Technik, bei der die Oberfläche erhitzt und geschliffen wird, entsteht eine einzigartige haptische und räumliche Wirkung, die den Bildern einen reliefartigen Stil verleiht. Um diese Haptik selbst zu erfahren, ist das Anfassen der mit mehreren Schichten Bootslack geschützten Gemälde ausdrücklich erwünscht. Gleichzeitig führt dieser Prozess zu unvorhersehbaren Effekten wie Rissen und chemischen Reaktionen, die neue kreative Möglichkeiten eröffnen.
Die Beziehung zwischen Figur und Hintergrund erzeugt eine spannende Dynamik, die den Betrachter dazu anregen soll, eigene Assoziationen zu entwickeln. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere an eigene Radtouren oder auch an den alten Fahrradsitz des Opas, alles ist möglich.
Nicht nur für Radler interessant: Die Ausstellung ist noch bis Ende Januar 2025 zu sehen. Die Öffnungszeiten der Gesellschaft Concordia, Werth 48, sind mittwochs von 9-14 Uhr. Mehr zum Künstler auch unter: