Neue Rezepte fürs Schulessen
Schulmittagessen: Der Ratsbeschluss zur Abschaffung des kostenlosen Angebots bleibt bestehen, das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen.
Wuppertal. An der Abschaffung des kostenlosen Schulmittagessens für Bedürftige wird nicht gerüttelt - zumindest vorerst nicht. Die Vorsitzenden der Kooperationsfraktionen im Rat, Bernhard Simon (CDU) und Klaus-Jürgen Reese (SPD), machten auf WZ-Nachfrage aber klar, dass das letzte Wort in Sachen Schulmittagessen noch nicht gesprochen ist. Hintergrund ist die Initiative von NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), der unter dem Motto "Kein Kind ohne Mahlzeit" einen zehn Millionen Euro umfassenden Fonds für das Schulmittagessen in NRW auflegen will (die WZ berichtete).
Wie und unter welchen Bedingungen das Geld verteilt werden soll, steht noch nicht fest. Und selbst wenn Landesgelder in die Wuppertaler Schulspeisung fließen, "dann ist das immer noch kein kostenloses, sondern ein runtersubventioniertes Schulmittagessen", stellt Reese fest. Bisher sehen die Planungen einen Elternanteil von einem Euro vor, die Kommunen müssten sich mit 50 Cent pro Tag und Mahlzeit beteiligen. In Wuppertal würde sich der Anteil so auf 250 000 Euro summieren.
Dazu kommt, dass der Fonds des Landes zeitlich auf zwei Jahre begrenzt werden soll. Insgesamt sind das für Simon noch "zu viele offene Fragen". Die Ratsfraktionen fordern deshalb möglichst schnell einen entsprechenden Erlass aus Düsseldorf, "um handeln zu können".
Die besten Chancen hätte das subventionierte Schulmittagessen in Wuppertal, würde das Angebot zur Pflicht, wie es Schulministerin Barbara Sommer vorschlägt. Dann müsste das Land die Kosten übernehmen. Bisher gilt der Zuschuss fürs Schulmittagessen als freiwillige Leistung - also als ein Ausgabeposten, den sich chronisch bankrotte Kommunen wie Wuppertal offiziell gar nicht mehr leisten können. "In der derzeitigen Situation dürften wir also gar kein kostenloses Schulmittagessen anbieten", meint Reese.
Ob die Abschaffung der Sozialleistung - wie befürchtet - bereits Auswirkungen auf die Anmeldezahlen der Offenen Ganztagsgrundschule hat, lässt sich statistisch auch nach Beginn des Schuljahres noch nicht abschließend belegen. Fakt ist: Von den 3250 Ganztagsplätzen in den Grundschulen sind 600 noch offen. Im vergangenen Jahr sah es ähnlich aus, wie es von Seiten der Stadt heißt. Auch lässt sich nur schwer sagen, aus welchen Motiven Eltern ihr Kind noch zum Ganztag anmelden, denn neben der Abschaffung der Kostenbefreiung für Bedürftige sind die Gebühren für Besserverdienende im Gegenzug kräftig erhöht worden.
Verlässliche Zahlen werden erst nach den Herbstferien erwartet, wenn die meisten Nachmeldungen beim Schulressort eingegangen sind. Neben den Grundschulen bieten auch die fünf Gesamtschulen Mittagessen an. Dort gibt es bereits negative Rückmeldungen. Allein an der Else-Lasker-Schüler-Gesamtschule haben bislang 72 Eltern erklärt, das Schulmittagessen nicht mehr bezahlen zu können. In den beiden Hauptschulen mit entsprechendem Angebot könnte der Anteil noch höher ausfallen. Dort werden bis zu 70 Prozent der Essen subventioniert.
Im September dürfte das Thema in Wuppertal noch einmal hohe Wellen schlagen. Vor der Ratssitzung am 3. September hat die Initiative Schulmittagessen zur Protestaktion aufgerufen. Auf Dialog setzt stattdessen Oberbürgermeister Peter Jung (CDU): "Beim Thema Schulmittagessen müssen wir in der Stadt alle an einem Strang ziehen", appelliert er an die Kritiker des Ratsbeschlusses. Er lädt alle Beteiligten zum Gespräch ein und erinnert auch an die Initiative des Fördervereins Schulmittagessen und an die Kindertagesstätten mit Mittagsangebot. Dort stellten sich die gleichen Herausforderungen wie in den Ganztagsgrundschulen.
Die Opposition im Rat hatte sich über Fraktionsgrenzen hinweg gegen die Abschaffung der Sozialspeisung stark gemacht. Sie sieht sich durch die anhaltenden Proteste bestätigt und fordert bedingungslos den Erhalt des kostenlosen Schulmittagessens für arme Kinder, denn so Gerta Siller (Grüne): "Die erschütternden Berichte aus den Schulen häufen sich. Ohne das Mittagessen an den Schulen bekommen manche Kinder überhaupt keine warme Mahlzeit am Tag."