„Ökumene ist unsere Zukunft“
Interview: Stadtdechant Frank Heidkamp verlässt Wuppertal. Der 48-Jährige über seine Zeit im Tal und die Zukunft der Kirche.
Wuppertal. Der Pfarrer von St. Laurentius, St. Joseph, St. Marien und St. Suitbertus wird Pfarrer im Düsseldorfer Seelsorgebereich "Wersten Himmelgeist". Morgen wird er beim Gemeindefest von St. Laurentius verabschiedet. Nach dem Pontifikalamt mit Joachim Kardinal Meisner um 10 Uhr gibt es ein offizielles Programm. Anschließend können sich die Wuppertaler auf dem Laurentiusplatz verabschieden.
Herr Heidkamp, Sie sind 1994 nach Wuppertal gekommen, 2000 führte Kardinal Meisner Sie als Stadtdechant ein. Was war Ihr größter Erfolg?
Frank Heidkamp: Ich bin stolz darauf, dass ich mithelfen konnte, dass in meinen Gemeinden der Blick über den Kirchturm hinaus gewachsen ist. Auf Stadtebene ist die Ökumene weiter intensiviert worden.
Als Katholik lebt man in Wuppertal wie in einer Diaspora. Wie haben Sie sich unter all den freikirchlichen Gemeinden gefühlt?
Heidkamp: Im Tal leben zirka 81 000 Katholiken. Diese werden wegen ihres ehrenamtlichen Engagements von allen anderen Kirchen und freikirchlichen Gemeinschaften sehr anerkannt.
Was wird Ihnen fehlen?
Heidkamp: Die Menschen, die ich in der Zwischenzeit lieb gewonnen habe. Und der Laurentiusplatz, der für mich einer der schönsten in NRW ist. Auch St. Laurentius werde ich vermissen, in einer so geschichtsträchtigen Kirche Gottesdienste zu halten, das ist etwas besonderes.
Vom Stadtdechanten zum Seelsorger in Wersten und Himmelgeist, in dem 14 000 Katholiken leben. Ein Karriereknick?
Heidkamp: Nein. Der Kardinal hatte den Wunsch, dass ich länger bleibe. Vier Gemeinden und die Aufgabe, beide Dekanate im Tal zu leiten - das schafft einer alleine nicht. Für mich hätte es mehr Verwaltungsarbeit bedeutet. Ich sehe mich aber als Seelsorger. Statt in Verwaltungsaufgaben zu ersticken, ist es mir wichtiger, Zeit für den Menschen zu haben. Das war der Hauptgrund, warum ich wechseln wollte. Dass in Düsseldorf gerade ein Pfarrstelle frei wurde, ist wie eine Fügung Gottes. Ich bin in Oberbilk geboren und noch immer dort verwurzelt. Ich bin im Karneval aktiv und im Oberbilker Schützenverein. Bis vor 13 Jahren war ich Stadtjugendseelsorger in Düsseldorf. Die Menschen kennen mich.
Ihr Wechsel kam überraschend und wird sehr bedauert. Sind Kompetenz-Streitigkeiten unter den Dechanten, vor allem im Hinblick auf die umstrittene Fusion der Dekanate Barmen und Elberfeld, Schuld?
Heidkamp: Der Wechsel hat nichts mit Streitereien zu tun. Dadurch, dass der Kardinal die Fusion beschlossen hat, entstand innerhalb des Klerus Unzufriedenheit. Viele haben sich das so nicht gewünscht. Entscheidend für mich war die Verwaltungsarbeit und Repräsentation, die auf mich zugekommen wäre. Auf meine Entscheidung wurde mit Bedauern reagiert. Teilweise habe ich sogar gehört: ,Der lässt uns im Stich’. Aber meine Begründung konnten alle nachvollziehen.
Grundsätzlich kann man es nie allen Recht machen. Mir sind immer klare Worte wichtig gewesen und dass ich nicht zu einem Ja-Sager geworden bin. Das scheint mir gelungen zu sein. Ich kann nicht einerseits Mitmenschlichkeit predigen und dem Küster nach der Predigt einen Tritt geben (lacht).
Haben Sie denn in Düsseldorf größere Aufgaben im Blick?
Heidkamp: Zur Zeit ist nichts geplant. Aber ich kenne die katholische Kirche und den Mangel an Priestern (lacht). Es ist sicherlich so, dass ich auch für vieles andere offen sein muss.
Mit Superintendent Rekowski haben Sie Ökumene groß geschrieben. Wie sehen Sie Äußerungen der katholischen Kirche, reformierte Kirchen seien keine Kirchen im eigentlichen Sinne?
Heidkamp: Wuppertal ist für mich die Stadt der Ökumene im Erzbistum Köln, wenn nicht in ganz NRW. Hier wird die Zusammenarbeit aller Kirchen, auch der Freikirchen, groß geschrieben. Die theologische Diskussion des Papstes ändert daran nichts. Die Menschen sind miteinander verbunden und werden ihren Weg weiter gemeinsam gehen.
Wie muss die katholische Kirche auf die schrumpfende Mitgliederzahl reagieren?
Heidkamp: Wie bei der evangelischen Kirche werden auch bei uns die Zahlen weiter bergab gehen und uns wird immer weniger Geld zur Verfügung stehen. Der Kirche muss der Wandel von der versorgten zur mitsorgenden Kirche gelingen. Sie ist keine eigene Gesellschaft, sondern ein Teil der Gesellschaft. Deshalb muss sie Verantwortung übernehmen und Probleme angehen. Dann müssen wir uns nicht um die Zukunft sorgen. Diese Aufgabe muss auf vielen Schultern getragen werden, deshalb liegt auch in der Ökumene unsere Zukunft.
Wird es weitere Schließungen von Kindergärten oder Zusammenlegungen von Gemeinden geben?
Heidkamp: Innerhalb des Projektes "Zukunft heute" musste das Erzbistum Köln 90 Millionen Euro einsparen. In Wuppertal bedeutete das: Immobilienabbau außer Kirchen und das Personal wurde reduziert. 30 Kindergartengruppen wurden abgebaut. Nächstes Jahr wird das Bistum einen ausgeglichenen Haushalt haben. Ich bin überzeugt, dass es bis 2011 keine Kürzungsdebatten mehr geben wird. Das ist wichtig, wir brauchen Visionen. Das fehlt mir oft in der katholischen Kirche und in der Gesellschaft. Wir müssen nach vorne schauen und kreativ bleiben.
Sie sind eine starke Identifikationsfigur, ein volksnaher Geistlicher, der sich als Jazzfan outet und für Autos und Fußball begeistert. Wird Ihnen das zum Vorwurf gemacht?
Heidkamp: Ich habe noch nie im Leben eine Maske tragen müssen. Ein Priester ist auch ein Mensch (lacht). Durch meinen Glauben kann ich so fröhlich sein. Man sollte sich nie verbiegen lassen.
Sie haben dem WSV die Daumen gedrückt. Werden Sie jetzt Fortuna-Fan?
Heidkamp: Ich werde auch bei Fortuna auftauchen. Ich gestehe aber, dass ich eher ein Bayern München-Fan bin. Ich werde auch zu DEG-Spielen gehen.
Herr Heidkamp, vielen Dank für das Gespräch.