Historisches Neuer Sammelband zeigt das lateinische Erbe des Bergischen Landes
Wuppertal · Mit „Montes latini“ spannen die Herausgeber einen Bogen vom 12. bis ins 19. Jahrhundert.
Das Bergische Land war nie unter römischer Herrschaft. Dennoch haben auch hier Mittelalter und Humanismus eindrucksvolle Zeugnisse in lateinischer Sprache hinterlassen: Chroniken, Gedichte und Briefe, die von der bewegten Geschichte der Region erzählen. Der Sammelband „Montes latini“ öffnet eine Tür in die Welt des lateinischen Bergischen Landes. Erschienen ist er vor Kurzem beim Wuppertaler Polyphem Verlag. Seit der Verlagsgründung 2020 legt das Team Peggy und Patrick Leiverkus den Schwerpunkt auf antike Sprachen und Literatur.
Auf rund 570 Seiten spannen die Herausgeber Stefan Freund, Latinistik-Professor an der Bergischen Universität, und seine wissenschaftliche Mitarbeiterin Anna Stöcker einen Bogen vom 12. bis ins 19. Jahrhundert. Großereignisse wie Reformation und Dreißigjähriger Krieg sind ebenso Thema wie private Einblicke in das Leben der Menschen. Lokale Bezugspunkte sind das Kloster Altenberg in Odenthal und das Städtedreieck aus Remscheid, Solingen und Wuppertal. Eine Zeittafel, Namens- und Ortsregister helfen bei der Orientierung.
Eine Zusammenarbeit von Wuppertaler und Kölner Experten
Die Beiträge für den umfassenden Streifzug stammen von Geschichts- und Literaturwissenschaftlern der Universitäten Wuppertal und Köln. Ihre Aufsätze präsentieren die lateinischen Texte im Original und in Übersetzung, Erläuterungen und Fußnoten betten sie in den jeweiligen Kontext ein. Einen Abgleich von Vergangenheit und Gegenwart leisten zahlreiche Fotografien, die unter anderem historische Inschriften an Kirchen und Amtsgebäuden zeigen.
Der erste Teil des Buches führt in die Anfänge der regionalen Geschichtsschreibung ein: Ein prägnantes Beispiel ist der Mönch Caesarius von Heisterbach, der dem Heiligen Engelbert, dem letzten Nachkommen der Grafen von Berg, ein Denkmal setzt. Stefan Freund stellt etwa den Elberfelder Werner Teschenmacher vor, der im 17. Jahrhundert eine Geschichte der Herzogtümer Kleve, Jülich und Berg veröffentlichte. Während der zweite Teil der Geschichte des Zisterzienserklosters Altenberg gewidmet ist, beschäftigen sich die Autorinnen und Autoren des dritten Teils mit einem Bergischen Reformator: Bevor Adolf Clarenbach als Ketzer verbrannt wurde, wirkte er – in den Worten des emeritierten Theologieprofessors Martin Ohst – als „Protagonist und Multiplikator“ des neuen Glaubensverständnisses. Dieser Geist spricht aus Clarenbachs Selbstzeugnissen, die ausführlich zitiert werden.
Alle im Schlussteil behandelten Texte haben eine enge Verbindung mit der Lateinschule der reformierten Gemeinde Elberfeld, dem heutigen Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium. So wirkte Schulleiter Wilhelm Neuhaus um 1700 an der Imagebildung der Bergischen Städte mit: Seine Gedichte preisen Elberfeld als Ort des Wohlstands und Glaubens und Solingen – Stichwort Klingenstadt – für Schwerter und Messer.
Für einen unterhaltsamen Ausklang sorgt der junge Friedrich Engels, der in seinen Schülerbriefen launig mit Griechisch- und Lateinbrocken spielt. Für Herausgeber Freund ein Beleg dafür, dass Engels und dessen Zeitgenossen die griechisch-römische Antike noch als selbstverständlichen Teil ihrer Lebenswelt verstanden.
Der Band „Montes latini“ ist beim Verlag Polyphem für 49,99 Euro zu haben; ISBN 978-3-96954-006-0