Offen gesagt Nichts für beleidigte Leberwürste

Was ist nur los mit den Kommunalpolitikern in Wuppertal? Jahrelang haben die kleinen Parteien im Rat gegen die Zusammenarbeit von SPD und CDU gewettert. Hinterzimmerpolitik sei das, mit alten Ideen von alten Männern.

Das müsse dringend aufhören. Jetzt hat es aufgehört. Doch jeder, der dachte, das sei die Geburtsstunde von etwas Neuem, Besseren, der sieht sich getäuscht. Die fast 14 Jahre währende sogenannte GroKo hat Spuren hinterlassen. Die einen sind davon so gezeichnet, dass sie mit ihrer gewachsenen Bedeutung offenbar nichts anfangen können. Die anderen sind wieder wach, haben aber noch nicht bemerkt, dass sie, eingelullt von der Übermacht im Rat, jahrelang tief schlummerten und die Dinge sich veränderten.

Im Klartext führt das zu Reaktionen, die von moderner, kommunikativer, erklärender Politik weit entfernt sind. Eine Aussage wie: „Die haben drei Jahre nicht mit mir geredet, warum soll ich jetzt mit denen reden“ ist dabei genauso ernüchternd wie die Rückbesinnung auf politische Schlammschlachtzeiten, in denen die CDU den Oberbürgermeisterposten mit Hermann-Josef Richter erobern wollte. Wenn Politiker Journalisten dann auch noch freundlich gönnerhaft auf die Schultern klopfen mit den Worten, dass die Situation für die Zeitung ja prima sei, weil sie von Schlagzeilen lebe, dann sagt das einiges. In der Politik geht es nur den Schreihälsen um Schlagzeilen. Den richtigen Politikern geht es um Antworten auf wichtige Fragen. Das gilt für kein Parlament so sehr wie für das kommunale. Hier entscheiden Mandatsträger über die Lebensqualität in einer Stadt. Angela Merkel und Armin Laschet werden sich hingegen nie darum kümmern, ob in Langerfeld eine Straße saniert oder in Vohwinkel eine Schultoilette renoviert wird. Auch über Zebrastreifen, Nahversorgung und Parkplätze in Wuppertal macht sich im Landtag oder im Bundestag niemand irgendwelche Gedanken. Den Ministern in Berlin und Düsseldorf ist ebenso egal, wie die Bevölkerungsstruktur in Oberbarmen sich darstellt. Und dass diese Stadt händeringend Wohnbau- und Gewerbeflächen benötigt, damit nicht nur prekäre Zuzüge stattfinden und Arbeitsplätze entstehen, ist den Politikern außerhalb Wuppertals herzlich egal.

Es gibt also sehr viel zu tun im Wuppertaler Stadtrat. Das war schon so, als die GroKo langsam ihr Leben aushauchte, und es wird nicht weniger. Das Ende der alles andere als erfolglosen, aber zuletzt lähmenden Kooperation von Christ- und Sozialdemokraten hätte eigentlich zu einem Wettbewerb der Ideen führen sollen. Statt dessen bringen sich Parteien in Stellung für die nächste Wahl des Oberbürgermeisters im Jahr 2020. Dafür wird auf Positionen gepocht, wird taktiert und getrickst. Jamaika oder Ampel? Festes Bündnis oder wechselnde Mehrheiten? Besser nicht regieren als schlecht regieren? Egal. Hauptsache, die Konkurrenz hat nichts davon. Die einen signalisieren Interesse, die anderen sagen Gespräche ab, weil die einen Ratsanträge stellen, ohne die anderen zu fragen. Mit den Bürgern dieser Stadt, die ja immerhin auch Wähler sein könnten, hat das alles nichts mehr zu tun.

Statt das Kräfteverhältnis zwischen Rat und Verwaltung wieder so herzustellen, dass die Politiker Beschlüsse fassen und die Verwalter diese Beschlüsse umsetzt, bleibt im Grunde alles beim Alten. Die Verwaltung lehnt wahlweise mit Hinweis auf fehlendes Geld und fehlendes Personal so ziemlich jeden Auftrag ab und macht selbst keine Vorschläge, wie es besser weitergehen könnte in Wuppertal.

Das alles ist äußerst misslich, weil es der unbestreitbaren Bedeutung der Kommunalpolitik insgesamt schadet. Stadträte sind ausschließlich dazu da, die Lebensumstände derjenigen möglichst zu verbessern, denen es nicht gut geht, und dafür zu sorgen, dass es allen andern mindestens nicht schlechter geht. Nicht mehr und nicht weniger. Für Ideologen, Pöstchenjäger und beleidigte Leberwürste egal welcher Partei sind Stadträte nicht geeignet. Und ein Wahlkampf muss nicht zwei Jahre dauern. Drei Monate sind auch genug.