Performance: Grenzenloser Kunstgenuss am Islandufer
Eine ungewöhnliche und fast schon bizarre Aktion am Islandufer zog am Wochenende zahlreiche Passanten in ihren Bann.
Wuppertal. Samstag, 14 Uhr am Islandufer: "Was ist denn das?" fragt sich das Paar, ungläubig schaut es drein. Die Neugier siegt. Für einen Moment stellt es die Einkaufstüten ab, bleibt auf dem Bismarcksteg stehen und schaut auf das, was ihm geboten wird.
Von allen Seiten strömen Gäste zum Ort des Geschehens. Sogar aus der fahrenden Schwebebahn recken Schaulustige die Köpfe. Was sie alle eint: Die Kunst zieht sie in ihren Bann.
Die von Diego Lis Materon im Jahr 2004 gegründete Kunstgruppe Floating Island initiierte die Kunstperformance Schattenbilder. Die vier anderen Künstler Georgios Kotrosios, Alexandra Waierstall, Gabriela Tarcha und Alfonso Gravina aus dem Bereich Malerei, Tanz und Musik begeben sich, so die Idee, in eine Installation, in welcher sie die Freiheit haben, das zu tun, wonach ihnen der Sinn steht. Gemeinsames Ziel: untereinander einen Weg der Kommunikation zu finden.
Über den Naturstein am Wupperufer ist Papier ausgelegt, Schalen voll blauer, grüner, gelber und rosa Wasserfarbe stehen neben Farbflaschen und Pinseln. Am Rand sind Instrumente aufgebaut. Wenn der Gast in der Sonne auf den Stufen sitzt, hat er den Eindruck, er sei im Urlaub im Süden. Das Ambiente ist mediterran, Kunstgenuss inklusive.
Beruhigend wirkt der sonore Ton der Lure, ein germanisches Horn, das Gravina spielt. Währenddessen malt Materon mit blauer Wasserfarbe die Schatten der Tänzerin nach. Abseits der Szene stimmt die Sopranistin eine Sequenz aus einer französischen Operette an.
"Kunst hat keine Grenzen", sagt Materon. Seine Intention ist, die Kunst im Alltag, abseits von Museen und Galerien, sichtbar zu machen. Fehler, so der Künstler, gebe es nicht, so dass es jedem freistehe, mit Ungewöhnlichem zu experimentieren - wie etwa mit Curry und Zimt. Das klebt später auch auf der Leinwand. Der in Kolumbien geborene Künstler hat lange in Wuppertal gelebt, bis er mit seiner Familie ins französische Nantes zog. Er ist Wuppertals Kunstszene aber noch heute verbunden.
Nach dem künstlerischen Konzept dürfen die Künstler fünf persönliche Dinge auf die Bühne nehmen, um diese in die Darstellung zu integrieren. Neben Malutensilien hat Materon das Rilke-Gedicht "Der Panther" im Koffer. Was dem Maler Pinsel, Farbe und Quaste, sind für den Musiker, die Instrumente: Xiao-Flöte, Didgeridoo oder Mundbogen.
Auffällig ist, wie körperlich intensiv die Künstler in die Interaktion treten. Materon bemalt Gabriela Tarcha mit grüner Farbe, als diese auf dem Boden räkelnd ein Seidentuch als Fessel um ihr Handgelenk bindet. Wie ein Hund wird sie Gassi geführt - und als Opfer, so die Idee, steht sie unter Kontrolle.
"Papa, der Mann hat das Wasser ausgeschüttet", erbost sich Robert (2). Was ein Tabu im Kinderzimmer seines Sohnes ist, nimmt Andreas Stiller gelassen. Er ist eben gedanklich bei der Kunst - und das mit all seinen Sinnen.