Reigen musikalischer Performance
Chun-Hsien Wu realisiert einen Abend für und über Pina Bausch in der Musikhochschule.
Es war ein Abend für und über Pina Bausch. Mit „Musik der Körper, Instrumente in Bewegung“ wurde im großen Saal der Musikhochschule Wuppertal ein Stück im Geist ihres Tanztheaters aufgeführt. Choreograf Chun-Hsien Wu ging aber auch über das Vorbild hinaus, indem er fünf Musikstudenten tanzen und musizieren ließ.
Wie stark Pina Bausch ihn geprägt hat, machte Chun-Hsien Wu im Gespräch mit Musikprofessorin Florence Millet deutlich. „Wow! Man kann auch so tanzen“, beschrieb der gebürtige Taiwanese seine erste Reaktion auf Bauschs Kombination von Bewegung und Schauspiel. Vor 20 Jahren trat er auf, beim 25. Bühnenjubiläum des Tanztheaters Wuppertal, Bei diesem Gastspiel lernte er auch die Tänzerin Chrystel Guillebeaud kennen, mit der er später das Tanzstudio Double C in Wuppertal gründete.
Mit Bewunderung sprach Chun-Hsien Wu von Pinas „Augen“, ihrem genauen Blick für das Charakteristische ihrer Figuren, und von der großen Bedeutung der Musik für die Handlung. „Wir Tänzer sehen Musik“, erklärte er. „Wir wollen den Rhythmus malen mit unserem Körper.“ Solche Überlegungen standen auch am Anfang von „Musik der Körper, Instrumente in Bewegung“. Es habe seinen Reiz, Musiker auf die Tanzbühne zu bringen. Profi-Tänzer hätten sich manchmal zu sehr unter Kontrolle. „Da gibt es keinen Raum für neue Bewegungen.“
Bühne frei also für die neue Choreografie von Chun-Hsien Wu — getanzt von Nicole Janczak (Gesang), Changhuan Xia (Flöte), Annika Tietzer (Geige), Marko Nikolic (Akkordeon) und Nicolai Dembowski (Klavier). Gravitätisch durch den Raum schreitend, stellte sich das Quintett dem Publikum vor. Aus dem stummen Spiel entwickelte sich ein Reigen musikalischer Performances.
Aufgeführt wurden so unterschiedliche Komponisten wie Bach und Piazzolla, Prokofjew und Takemitsu. Volkslieder und Improvisationen hatten ihren Platz. Und wie der Titel des Stücks ankündigte, blieben die Musiker ständig in Bewegung. Wenn die Instrumente nicht gespielt wurden, dienten sie als Requisiten. Auf der Tanzfläche führte Tietzer ihren Geigenbogen wie ein Schwert. Musik als reines Geräusch spielte ebenfalls eine Rolle. In einer Szene spielte Nikolic ganz so, als fahre der Wind durch sein Instrument. Seine Kollegen stellten derweil die Welle dar, die von diesem Wind gepeitscht wurde.
Erinnerte schon die Musikauswahl an die bunt gemischte Playlist eines Bausch-Stücks, zeigten sich im Laufe des Stücks weitere Stilmittel der Tanztheater-Pionierin. So, wenn die Performer zu Geschichtenerzählern wurden. Jeder gab dieselbe Story zum Besten. Nur eben in einer anderen Sprache und Emotion - bis hin zu den exaltiertesten Gesten.
Der Humor von „Musik der Körper, Instrumente in Bewegung“ zeigte sich auch daran, dass Chun-Hsien Wu für Pina-Fans mehr als nur ein Zitat versteckt hatte. Es war sicherlich kein Zufall, dass Marko Nikolic gleich zu Beginn mit nacktem Oberkörper auftrat. Damit erinnerte er an die Tänzerin Julie Anne Stanzak, die in „Nelken“ mit vorgeschnalltem Akkordeon über die Bühne schreitet.