Der Blick richtet sich ins Jahr 2030
In der Utopiastadt sprachen Bewohner über die Zukunft des Quartiers Mirke. Dabei wurde deutlich, dass es an manchen Stellen noch Verbesserungsbedarf gibt, das Potenzial aber gegeben ist.
Mirke. Zukunft hat das Mirker Quartier auf jeden Fall. Doch wie genau wird es mit dem Viertel zwischen Ölberg und Ostersbaum weitergehen? Welche Personen und Institutionen werden künftig wichtig sein? Um diese Fragen zu diskutieren, lud das Forum Mirke in die Utopiastadt ein — zum ersten „Stadtentwicklungssalon“. Diskussionsgrundlage war ein Vortrag von Matthias Wanner und Fabian Reinkenhoff vom Zentrum für Transformationsforschung und Nachhaltigkeit (TransZent).
Im Auftrag von Uni und Wuppertal Institut haben die beiden Forscher die Entwicklung des Mirker Quartiers in den vergangenen zehn Jahren untersucht. Sie interviewten Anwohner und veranstalteten Workshops, werteten Statistiken und Medienberichte aus. Daraus entstand eine 50-Seiten-Studie, die man bereits im Internet lesen kann. Als „Konstellationsanalyse“ bezieht sie die bisherigen Akteure mit ein.
David J. Becher, Moderator des Stadtentwicklungssalons
Referent Wanner zeichnete die Quartiersentwicklung mithilfe von Beamer und Schaubildern nach. Während die Stadt noch 2007 die Gegend um den Mirker Bahnhof als „Angstraum“ bezeichnete, sei danach mit Hebebühne und Utopiastadt ein „spannendes kulturkreatives Cluster“ entstanden. Spätestens seit 2016 zeige sich ein allgemeiner Positivtrend. Die Stadtbevölkerung wachse wieder, das Image der Stadt habe sich verbessert. Dennoch, betonte Wanner, sei das Mirker Quartier bis heute ein benachteiligtes Viertel mit hoher Arbeitslosigkeit und Kinderarmut.
Bei der Diskussion konnten die 50 Teilnehmer ein Zukunftsszenario für das Jahr 2030 entwerfen. Dafür verteilten sie sich auf Tische, auf denen jeweils die Karte eines Viertelausschnitts lag. Man blickte auf den Mirker Bahnhof und Umgebung, auf die Straßen rund um die Diakoniekirche und den östlichen Viertelrand entlang der Gathe.
„Welche Akteure, welche Programme, natürliche und bauliche Strukturen werden einflussreich sein?“, fragte Wanner. Diese Entwicklungsfaktoren konnten die Teilnehmer auf Zetteln notieren. Lebhaft diskutierten die drei Viertel-Gruppen, welche relevant seien. Offensichtlich unwahrscheinliche Szenarien — eine verfallende, leere Diakoniekirche etwa konnte sich niemand vorstellen — wurden aussortiert. Schließlich fügte jede Gruppe die Zettel zusammen, klebte sie auf die Karte und stellte das mögliche Beziehungsgeflecht im Plenum vor.
Als akutes Problem beschrieb die Mirker-Bahnhof-Gruppe die Autobahn, die das Quartier zerschneide. Deshalb müsse man darüber hinweg Brücken bauen und begrünen. Dazu passe auch ein Park & Ride-Parkplatz, wo Autofahrer ins leise Elektromobil umsteigen könnten. „Die Autobahn verschwindet so aus dem Sicht- und Hörfeld“, hieß es. Apropos Begrünung: Großen Applaus bekam der Vorschlag, die Bundesgartenschau ins Mirker Quartier zu holen.
Ums Thema Verkehr hatte sich auch die Gathe-Gruppe gekümmert. Ihre Maximalforderung war die Untertunnelung der Gathe. An der verkehrsberuhigten Straße sollten statt Glücksspielhallen Modeläden und ein Supermarkt entstehen. Auch mit dem Bau einer neuen Moschee könne man sich anfreunden — als Teil eines gemeinsamen Sozialprojekts. Den allgemeinen Optimismus dämpfte die Gruppensprecherin, als sie erklärte: „Wir haben einen wichtigen Akteur ausgelassen: die Politik und die Stadtentwicklung.“
David J. Becher, Moderator des Stadtentwicklungssalons, präsentierte die Ergebnisse der dritten Gruppe. Man habe sich vor allem Gedanken über die Zukunft der Diakoniekirche gemacht. Denkbar sei eine Nutzung als „Raum der Stille“, Sozialzentrum oder als Treffpunkt für Wuppertaler aller Konfessionen. „2030 sollte es doch möglich sein, die religiösen Barrieren aufzubrechen“, meinte Becher. Vielleicht ließen sich sogar die Menschen ins Sozialzentrum integrieren, die sonst ihre Zeit auf dem Karlsplatz verbringen.