30 Jahre Frauenchor Vohwinkel: „Andere joggen — wir singen“
Der Frauenchor wird 30 Jahre alt. Monika Müller und Brigitta Baltrusch vom Vorstand sprechen über das Singen — und warum man es ausprobieren sollte.
Frau Müller, Frau Baltrusch: Herzlichen Glückwunsch! 30 Jahre alt wird der Frauenchor Vohwinkel in diesem Jahr — ist er damit raus aus dem jugendlichen Alter?
Monika Müller (lacht): Volljährig geworden sind wir ja längst. Beim 20-jährigen haben wir uns schon sehr erwachsen gefühlt. Aber nachdem Margot Müller-Alm 1993 als Chorleiterin zu uns gekommen ist, sind wir tatsächlich gereift. Und eigentlich immer besser geworden.
Brigitta Baltrusch: Stimmt. Wir haben uns von Jahr zu Jahr gesteigert. Sind lockerer geworden, aber auch anspruchsvoller.
Eine Frau dirigiert einen Frauenchor — funktioniert das?
Müller: Hervorragend! Und dabei hatte es damals, nach zwei Chorleitern, noch geheißen: „Holt uns bloß kein Weib!“ Aber das war die beste Entscheidung. Margot Müller-Alm hat uns unheimlich motiviert. Alle Sängerinnen lieben sie.
Baltrusch: Die Chemie muss stimmen, das ist ganz wichtig.
Gibt es Stücke, die Sie heute nicht mehr singen würden, lässt sich ein „Modewandel“ im Repertoire feststellen?
Baltrusch: Also, einige der Volkslieder, „Am Brunnen vor dem Tore“ beispielsweise, die passen nicht mehr in die heutige Zeit. Wir mögen am liebsten Ohrwürmer, auch fürs Publikum. Stücke aus Musicals gehören dazu.
Müller: Wenn die Leute die Melodie im Kopf haben und man bemerkt, wie sie am liebsten mitsingen würden — das ist toll. Dann möchte ich oft sagen, „kommt doch mal vorbei!“
Aber der Zulauf hält sich in Grenzen, oder?
Müller: Ja, leider.
Baltrusch: Das ist eine Entwicklung, die viele Chöre beobachten.
Es scheint schwer zu sein, heute Menschen für den Chorgesang zu begeistern. Woran liegt das?
Baltrusch: Es wird nicht mehr gesungen. Nicht in der Schule, nicht im Elternhaus. Fragen Sie mal Kinder, welches Volkslied sie kennen. Die fragen dann zurück, was denn ein Volkslied ist.
Müller: Die familiäre Prägung spielt eine wichtige Rolle. Bei uns zu Hause wurde immer gesungen.
Warum sollte man singen?
Müller: Singen befreit.
Baltrusch: Singen ist gut für die Lunge und gut für die Stimmung. Die Gedanken sind bei den Tönen, Negatives bleibt außen vor.
Also fast wie ein Besuch im Fitness-Studio?
Baltrusch (lacht): Ganz recht. Andere gehen eine Stunde Joggen, wir singen.
Müller: Ein anderer Aspekt ist natürlich die Gemeinschaft. Es ist schön, dass es immer kleine Gruppen gibt, die auch am Wochenende gemeinsam etwas unternehmen. Und dann haben wir Chorfahrten, Feste und sind natürlich beim Flohmarkt in Vohwinkel mit dabei.
Sie haben sich Anfang der 80er Jahre gegründet. Wie war das?
Müller: Eigentlich haben die Ehemänner einiger unserer Damen den Anstoß gegeben. Die sangen im MGV-Alemannia.
Baltrusch: Wir fanden das toll und haben uns gefragt: „Warum sollen wir nicht auch?“
Eine gute Zeit für eine Chorgründung?
Baltrusch: Ich denke, man braucht ein gewisses Alter dazu. Ich war damals knapp über 40, genau die richtige Zeit.
Müller: Doch wir mussten uns unseren Platz zu Anfang schon ein wenig erkämpfen — und natürlich Leistung zeigen.
Sie sagen, Sie sind anspruchsvoller geworden: Musikalisch? Textlich?
Baltrusch: Sowohl als auch. Mit der Zeit haben wir gute Chorliteratur zu schätzen gelernt. Im Repertoire sind Werke von Mendelssohn Bartholdy, Schubert, Händel.
Müller: 1999 waren wir in Verona, 2004 in Prag.
Jetzt sind es 47 Damen. Wie viele kommen regelmäßig zum Üben?
Müller: Wer nicht kann, meldet sich ab. Mehr als fünf fehlen nie.
Baltrusch: Das funktioniert eigentlich prima.
Was auffällig ist: Sie treten bei Konzerten immer in einheitlicher Optik auf und singen ohne Noten.
Müller: Rote Jackets und schwarze Hosen oder lange schwarze Röcke, das ist unser Markenzeichen.
Baltrusch: Wir singen — ausgenommen bei Weihnachtskonzerten — immer ohne Liedblätter. Und das ist für Frauen in unserem Alter, immerhin „Teenager-Spätlese“ schon eine Leistung.
Über neue Gesichter würde Sie sich also freuen. Wenn es nun jemand wagt und kommt zu Ihnen — wird er, oder vielmehr wird sie, dann erst einmal einem Eignungstest unterzogen?
Müller: Nein! Ob jemand für den Chor geeignet ist, zeigt sich auch ohne Stimmprobe. Unsere Chorleiterin hat ein gutes Gespür dafür. Bei uns muss niemand vorsingen.