150 Jahre Kleine Freikirchliche Gemeinde feiert ein großes Jubiläum

Die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde besteht seit 150 Jahren. Die 30 Mitglieder engagieren sich besonders stark im Stadtteil.

Foto: Stefan Fries

Vohwinkel. Es ist eine Glaubensgemeinschaft von überschaubarer Größe. Aus nur rund 30 Mitgliedern besteht die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Vohwinkel (EFG). Doch die Christen mit ihrer traditionsreichen Heimat an der Mackensenstraße haben im Stadtteil schon viel bewegt. Aus der Gemeinde ist vor über acht Jahren die Kinder-Tafel Vohwinkel hervorgegangen. Bis heute erhalten bedürftige kleine Besucher im aufwendig umgebauten Gemeindezentrum ein gesundes Mittagessen und Betreuungsangebote. Auch der betreute Spielplatz Sternpunkt an der Roßkamper Straße wäre ohne den Einsatz der EFG nicht möglich gewesen.

Die kleine aber äußerst engagierte Gemeinde ist schon lange fest mit dem Stadtteil verbunden. Am 1. September wird das 150-jährige Bestehen gefeiert. Dabei gilt wie immer in der EFG Vohwinkel das Gebot der Offenheit. Alle Gäste sind unabhängig von der Konfession willkommen.

„Wir verstehen uns als offenes Haus“, sagt Gerd Lehnberg von der Gemeindeleitung. Für ihn und seine Mitstreiter ist es wichtig, dass sich die Gemeinde nicht nur mit sich selbst beschäftigt. Großer Wert wird unter anderem auf den Einsatz für Kinder und Jugendliche, die Ökumene und die Stadtteilarbeit gelegt. Aus dieser Philosophie heraus entstand auch 2009 die Kinder-Tafel. „Das ist für uns eine gesellschaftliche und christliche Aufgabe“, betont Gerd Lehnberg. Gleichzeitig soll aber das Wesen der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde bewahrt werden.

Außer vielen Gemeinsamkeiten mit den Amtskirchen gibt es durchaus Unterschiede. Die Taufe findet etwa wesentlich später und durch ausdrückliche Entscheidung des jeweiligen Mitglieds statt. Die Hierarchien sind deutlich flacher. Außerdem zahlen die Gemeindemitglieder keine Kirchensteuer, sondern freiwillige Beiträge. Diese fallen meist höher aus, als bei den großen Konfessionen. Solche Ansätze und die relativ geringe Zahl der Mitglieder haben in der Vergangenheit zu Misstrauen geführt.

So musste das Gemeindezentrum an der Mackensenstraße vor rund 100 Jahren in zweiter Reihe errichtet werden. „Diese baulichen Vorgaben betrafen viele freikirchlichen Gemeinden in Deutschland“, erklärt Rolf Kneusels. Der 87-Jährige hat in der Vohwinkeler Gemeinde viele Aufgaben übernommen und ist bestens mit ihrer Historie vertraut. „Wie bei uns verläuft der Zugang oft über eine Hofdurchfahrt“, berichtet Kneusels. Grund war der Einfluss der Landeskirchen beim Kaiser. Den geistlichen Würdenträgern war die Abspaltung ein Dorn im Auge. Die abtrünnigen Gemeinden sollten daher in die Hinterhöfe verbannt werden. Das beeindruckte die betroffenen Christen allerdings wenig. Bis heute gehen sie ihren eigenen Weg - ohne sich abzuschotten. „Wir sind keine Sekte“, betont Gerd Lehnberg. Er verweist auf die zahlreichen Aktivitäten in der Gemeinde, bei der Konfessionen keine Rolle spielen.

Die Anfänge der EFG liegen in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts. Zunächst trafen sich die ersten Mitglieder in Privathäusern. 1909 wurde dann das Grundstück in der heutigen Mackensenstraße 16 erworben und ein Versammlungshaus gebaut. Ohne Amt und Organisationsstruktur wurden Entscheidungen der Gemeinde möglichst einmütig getroffen. Den Nazis war ein solcher Zusammenschluss höchst verdächtig, weshalb es kurzzeitig zum Verbot kam. Nach Erfüllung staatlicher Auflagen waren schließlich wieder Gottesdienste möglich. 1941 kam es zum Zusammenschluss von verschiedenen Gemeinden zum Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland. Nach dem Krieg erhielt die EFG Hilfe von Gemeinden aus Großbritannien und den USA. Später wurden eine Ältestenschaft und eine Gemeinde-Diakonie gegründet. 2001 liefen im Gemeindezentrum aufwendige Modernisierungsarbeiten. Seit 2012 verfügt der Standort über eine moderne Großküche. Auch der Gemeindesaal wurde an die Bedürfnisse der Kinder-Tafel angepasst.