„Geradeaus auf krummen Wegen“ Tanz und Revolution in Wuppertal

Wuppertal · Lesung von Martin Puttke.

Die Lesung mit Martin Puttke fand im Schauspielhaus Wuppertal statt, wo er aus seinen Memoiren las.

Foto: Florian Schmidt

Trotz zahlreicher Widerstände im Leben blieb Martin Puttke seiner Leidenschaft für den Tanz treu und beschreibt seinen Weg als das Gehen „geradeaus auf krummen Wegen“. So ist auch der Titel seines bisher unveröffentlichten Memoires – das er bewusst nicht als Biographie betitelt. Am Sonntag las er im Schauspielhaus Wuppertal daraus vor.

Geboren in Breslau im Jahr 1943 und aufgewachsen in Dortmund wuchs Puttke in bescheidenen Verhältnissen auf. In seiner Jugend entdeckte er seine Faszination für den Tanz auf ungewöhnliche Weise: Eine Live-Übertragung eines Eiskunstlaufwettbewerbs in einer Kneipe erweckte sein Interesse an der Kunst der Bewegung. Dieses Bild brannte sich ein: Für ihn war es unvorstellbar, dass sich ein Mensch auf so eine mühelose scheinende Art „der Erdanziehung entziehen“ konnte.

Gegen den Willen seines Vaters, eines kommunistischen Maschinenschlossers, der den Beruf des Tänzers als „unsittlich“ abtat, entschied sich Puttke, seine Passion zu verfolgen. Er brach die Schule am Max- Planck-Gymnasium nach der Mittleren Reife ab und zog nach Ost-Berlin, um an der Staatlichen Ballettschule seine Ausbildung zu beginnen. Seine Zeit an der Ballettschule in Berlin prägte ihn entscheidend, und nach seinem Studium in Moskau an der „Gitis“ bei Nikolai I. Tarassov übernahm Puttke 1979 die künstlerische Leitung der Ballettschule Ost-Berlin und wurde von 1981 bis 1992 Direktor des Balletts an der Deutschen Staatsoper Berlin. Zudem lehrte er als Professor an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin. In dieser Zeit musste er sich diversen existenzzerstörenden Anschuldigungen der Presse stellen. Durch seine innovative Herangehensweise formte Puttke das Tanztheater über Jahre hinweg und beeinflusste damit nicht nur die ostdeutsche, sondern auch die internationale Tanzszene.

Kampf für die Menschenrechte

Im Laufe seiner Karriere lehnte Puttke internationale Angebote ab, darunter die Leitung einer Tanzakademie in Sankt Petersburg, um sich gegen die Ächtung von Homosexualität in Russland zu positionieren. Er betonte, dass diese Haltung nicht mit „den Menschenrechten und der Freiheit der Kunst vereinbar sei“. Seine Integrität und sein Engagement für die Menschenrechte prägten nicht nur seine künstlerische Arbeit, sondern auch sein persönliches Leben.

Neben seiner Tätigkeit als Ballettdirektor und Pädagoge entwickelte Puttke ab 2007 das Danamos Dance-Art-Master-System, das die Tanzdidaktik auf ein neues Niveau hebt und „Bewegungen zeitlos“ machen soll. Dieses Lehrkonzept vereint klassische Tanzmethodik mit den neuesten Erkenntnissen aus Neurokognition und Biomechanik, um Bewegung digital sichtbar zu machen und Tanzprinzipien zu verbessern.

Puttke ist überzeugt, dass „Learning by Doing“ die Grundlage für das Erlernen des Tanzes ist. „Tanzen ist wie Singen, nur mit dem ganzen Körper“, erklärt Puttke. Sein Bewegungssystem, das auf dem klassischen Tanz basiert, ist zudem für alle Tanzstile geeignet. Heute wird Martin Puttke zu den international führenden Ballettpädagogen gezählt. Durch seine Hingabe zum Tanz hat er nicht nur das Ballett in Deutschland nachhaltig geprägt, sondern auch eine bedeutende Rolle in der internationalen Tanzpädagogik gespielt. Mit seinem unveröffentlichten Memoire „Geradeaus auf krummen Wegen“ teilt Puttke nicht nur seine persönlichen Erfahrungen, sondern auch seine Visionen für die Zukunft des Tanzes.

Martin Puttke gehört zu den einflussreichsten Persönlichkeiten der deutschen Ballettszene. Als renommierter Ballettpädagoge, Ballettmeister, Ballettdirektor und Tanzwissenschaftler hat er nicht nur Generationen von Tänzern und Tänzerinnen geprägt, sondern auch die Tanzpädagogik durch innovative Ansätze revolutioniert.