Konzert Arabische Liedkunst in Wuppertal auf der Insel

Wuppertal · Die tunesische Sängerin Dorsaf Hamdani trat im Rahmen der NRW-weiten Reihe „Klangkosmos Weltmusik“ auf.

Pierre Clavé und Dorsaf Hamdani traten auf der „Insel“ auf.

Foto: Kevin Bertelt

Ungewöhnlich kommunikativ verlief beim Insel-Verein ein Konzert der NRW-weiten Reihe „Klangkosmos Weltmusik“. Mit Dorsaf Hamdani machte eine Sängerin Station an der Wiesenstraße, die als eine der größten Stimmen Tunesiens gilt. Dass Besucher sicht- und hörbar mitgingen, spiegelte merklich die Wertschätzung, die sie in der arabischen Welt genießt – weit über ihr Land hinaus.

Hamdani hat in der Hauptstadt Tunis Musikwissenschaft studiert, seither an der Kairoer Oper gesungen und mit wichtigen arabischen Künstlern zusammengearbeitet. Eine Art Aura konnte auch der Unkundige an der Künstlerin wahrnehmen: Ihr gesamter Gestus wirkte so fein wie kraftvoll. Ihre Haltung zum Publikum war dennoch zugewandt statt distanziert.

Für Zugkraft sorgte sicher auch ihr Stückprogramm: Es brachte Titel von drei der größten Sängerinnen des orientalischen Raums – Oum Kalthoum aus Ägypten, Asmahan aus Syrien und der noch lebenden Fairuz aus dem Libanon. Ganz einleuchtend war diese länderübergreifende Auswahl als Ausdruck ihrer „Mission“, „einen Beitrag gegen die aktuelle Identitätskrise in der arabischen Welt mit ihren Mitteln zu leisten“. Dass man ihr diese verbindende Rolle zuerkennt: Zumindest beim Publikum „auf der Insel“ war das mit Händen zu greifen.

Musikalisch ist Hamdanis Anspruch, traditionsreiche arabische Lieder mit Hilfe moderner Mittel zu bewahren und lebendig zu halten. Typisch für ihren Gesang waren Melodik und lang gezogene Passagen, die sie mit Vibrationstechnik gestaltete. Die Hingebung im stimmlichen Ausdruck unterstrich ihr Vortrag mit Gestik: Sanft, aber entschieden nahmen ihre Hände durch Bewegung die Töne auf.

Das galt schon bei den Eingangsstücken des Abends, darunter eines von der gefeierten Sängerin und Schauspielerin Asmahan (1912 oder 1917 bis 1944). Bis heute gilt sie als Legende und ewiger Star – sowie einzig vergleichbares Pendant zu Oum Kalthoum (1904 bis 1975), die deutlich länger lebte.

Pierre Clavé an Hamdanis Seite spielte das Saiteninstrument Buzuq. Von Anfang bis Ende gab er eine Begleitung, die sich nicht in den Vordergrund stellte – und zugleich jenen Sound beisteuerte, der auch europäisch geprägten Ohren bei der Vorstellung orientalischer Straßenszenen im Sinn sein mag. Kurz wies er darauf hin, dass sein Instrument neben der Oud auch (im Namen erahnbar) mit der griechischen Bouzouki verwandt ist. Im Verlauf des Konzerts immer deutlicher wurde, wie wichtig in Hamdanis Musik die Rhythmik ist. Schon bald zog die Sängerin zur Begleitung Taktinstrumente heran, darunter eine Handtrommel. Sogar ein Wiegenlied kam auffällig rhythmisch daher – und animierte Zuhörer prompt zum Mitschnipsen. Spätestens bei den dynamischen Titeln der zweiten Konzerthälfte sang ein weibliches Trio im Publikum offenbar textsicher mit.

Hamdani hatte inzwischen zu einer Art Tamburin gewechselt, wie man als Europäer diesen Schellenkranz wohl nennen würde. Keineswegs rau, aber doch treibend kam dieses Stück daher und taugte noch viel weniger zum Einnicken – ganz getreu dem Text, den eine bilinguale Zuhörerin gleich übersetzte: „Ich habe dich so geliebt, dass ich das Schlafen vergessen habe.“ Auch dieses spontane sprachliche Einspringen war typisch für die kommunikative Stimmung des Abends.