Angebot für Düsseldorfer und Geflüchtete Wie ein Tanz aus Angola bei der Integration in Düsseldorf hilft

Düsseldorf · Mit der von ihr gegründeten Initiative „Kizomba Community Düsseldorf“ organisiert Inna Ra seit einigen Monaten kostenlose öffentliche Workshops und Gesellschaftstanz-Veranstaltungen für jedermann.

Bei dem integrativen Projekt spielt der Gesellschaftstanz Kizomba eine wichtige Rolle: Tanzlehrerin Nastia und Tanzlehrer Alex zeigen ihn.

Foto: Anne Orthen

Inna Ra tanzt bereits seit ihrer frühesten Kindheit und kennt deshalb fast alle Gesellschaftstänze. Das sind Tänze, die in der Regel von Paaren dargeboten werden, wie beispielsweise Tango, Walzer oder Salsa, um nur einige zu nennen, und bei denen meistens der Mann führt.

Von Kizomba hatte die Diplompädagogin, die in St. Petersburg geboren wurde, als Kleinkind nach Deutschland kam und seit rund 20 Jahren in Düsseldorf lebt, noch nie etwas gehört – bis ein Bekannter sie zu einem Schnupperkurs mitnahm. „Dort forderte mich ein sehr erfahrener Tänzer auf, mit dem ich dann etwa eine Stunde lang tanzte. Es entstand sofort eine Verbindung, wie ich sie bei anderen Tänzen noch nicht gespürt hatte – und seitdem liebe ich Kizomba, bin sozusagen ‚kizombiert‘“, erzählt die 43-Jährige.

Ra ist immer noch begeistert von ihrer ersten Erfahrung mit diesem besonderen, in Deutschland noch nicht so bekannten Tanz. „Kizomba ist ein angolanischer Gesellschaftstanz, der tief in der Kultur Angolas verwurzelt ist und einen wichtigen Teil des sozialen Lebens des Landes ausmacht. Der Tanz entstand in den 1980er Jahren und entwickelte sich aus traditionellen angolanischen Rhythmen wie der Semba sowie Einflüssen aus karibischen Stilen wie Zouk“, sagt Tänzerin und Trainerin Nastia Petrakowa, mit der Inna Ra die Initiative „Kizomba Community Düsseldorf“ ins Leben gerufen hat. Die Musik, die den Tanz begleitet, besteht oft aus romantischen und poetischen Texten, die das Leben, die Liebe und die Herausforderungen des Alltags in Angola reflektieren. In Angola, so Petrakowa, werde Kizomba nicht nur als Unterhaltung gesehen, sondern auch als Ausdruck von Gemeinschaft, Identität und kultureller Vielfalt – der Tanz bringe die Menschen zusammen.

In der Ukraine ist
der Tanz sehr bekannt

Und genau diese Eigenschaften des Tanzes haben die beiden Frauen auf die Idee gebracht, ihr Projekt ins Leben zu rufen. „Von meinem ersten Tanzpartner – er stammt aus der Ukraine – erfuhr ich, dass Kizomba dort wesentlich bekannter ist als hier bei uns, und viele Geflüchtete in Düsseldorf nach entsprechenden Tanzgruppen suchten“, erzählt Ra. Und weil die Pädagogin ohnehin bereits seit Beginn des Ukrainekriegs Geflüchtete unterstützt, und zwar sowohl ehrenamtlich als auch beruflich – sie ist als integrative Übersetzerin tätig – war ihr schnell klar, dass sie Kizomba zur Integration nutzen möchte.

Seit einigen Monaten bietet sie nun gemeinsam mit einem inzwischen auf sieben Personen angewachsenen Team, bestehend aus Tänzerinnen und Tänzern, DJs sowie einer Fotografin, regelmäßige Übungsstunden mit anschließendem freien Tanzen an. Sie selbst kümmert sich um die gesamte Organisation. Die Veranstaltungen richten sich an Geflüchtete sowie Migrantinnen und Migranten aller Nationalitäten und an Düsseldorferinnen und Düsseldorfer gleichermaßen. Gesprochen wird Deutsch, Ukrainisch, Russisch und Englisch.

„Die Teilnahme ist kostenlos, die Mitglieder unseres Teams engagieren sich ausschließlich ehrenamtlich neben ihren beruflichen Tätigkeiten. Über die sozialen Medien erreichen wir inzwischen rund 1400 Interessierte“, erzählt Ra. Veranstaltungen finden unter anderem am Stadtstrand Tonhallenufer oder im „Klub Kulb“ in der Altstadt statt – weitere passende Orte und Räumlichkeiten werden aktuell gesucht. Kamen zum ersten Treffen etwa zehn bis 15 Personen, sind es inzwischen regelmäßig rund 40 bis 60 Teilnehmer, und zwar sowohl Anfänger als auch erfahrene Tänzer. Alle Altersgruppen seien vertreten, von 18 bis 85, freut sich Initiatorin Ra.

Ganz wichtig ist ihr der besondere therapeutische Effekt, den Kizomba auf die Tanzenden ausübt. „Kizomba reduziert Stress, verbessert die Stimmung und sorgt für eine nonverbale Kommunikation zwischen den Tanzpartnern“, erklärt sie. Es gebe viele Methoden, die bei der Verarbeitung traumatischer Erlebnisse helfen könnten, so die erfahrene Pädagogin weiter – Kizomba sei mit Sicherheit eine davon. Dazu trage wohl auch die entspannte, wertschätzende, freundschaftliche und nahezu familiäre Atmosphäre bei, durch die sich die Tanzveranstaltungen auszeichneten.