Udo Jürgens, der ewige Entertainer

Udo Jürgens spielte in der vollen Uni-Halle seine zahllosen Hits und bewies: Er begeistert ganze Generationen von Fans.

Wuppertal. "17 Jahr’ blondes Haar" - so stand Sina Heßmert vor ihm: Udo Jürgens. "Dieses Lied singe ich nur für dich", hauchte er einst mit sonorer Stimme ins Mikrofon, schaute ihr dabei in die Augen und drückte sanft ihre Hand. Das war auf einem Konzert in den 90er Jahren.

Spätestens seit diesem Moment ist die heute 32 Jahre alte Remscheiderin eingefleischter Fan von Udo Jürgens, dem Mann am Piano. Ihre Schwärmerei für einen der zeitlosesten Entertainer Deutschlands teilen Mutter Ingrid Heßmert (61), Tante Helga Werth (66) und Cousine Karin Werth (35). Generationen mit Musik verbinden - das schafft nur Udo.

Die vier Damen aus dem Bergischen sind auch am Dienstagabend in der Uni-Halle Gast, als Udo Jürgens sagt: "Guten Abend, Wuppertal!" So nah wie möglich wollen sie ihm dabei sein. Nach der Pause sind sie die Ersten, als die Ordner Fans wohldosiert vor die Bühne strömen lassen - der Frauenanteil liegt bei geschätzten 90 Prozent. "Udo, ich liebe dich", schreit eine Mittdreißigerin.

"Einfach ich 2009" hat er die Tournee genannt, für die er in diesen Monaten mit dem Orchester Pepe Lienhard in Deutschland unterwegs ist. Jeden Abend ein ausverkauftes Haus. Bei den Zugaben drängen die Zuschauer zur Bühne, manche weinen, andere singen ergriffen mit. Vielleicht ist es ja wirklich seine letzte, allerletzte große Tournee. Am 30. September feierte der Grandseigneur der deutschen Musik seinen 75. Geburtstag. Kann das überhaupt sein: 75? Glaubt man nicht. Auf seinem Flügel dampft ein Tässchen Kamillentee vor sich hin, ist das der Grund für so viel Frische? Kaum vorstellbar.

Auf der Bühne spielt er Klavier, tänzelt und springt - zwischendurch legt er eine Steppeinlage hin. Und wie singt er in einem seiner Lieder: "Ich bin kein Träumer - ich bin einfach ich." Über Jahrzehnte hat sich der Mann am Piano in der Show-Branche gehalten. "Der Mann ist einfach ein Phänomen", bringt es Erika Dorn aus Wuppertal auf den Punkt.

Udo ist ein guter Bekannter, der Sehnsucht und enttäuschte Liebe ausdrucksstark besingt. Daneben schlägt er nachdenkliche Töne an, schießt manchmal auch über das Ziel hinaus, wenn der Moralist am Klavier die Überhand gewinnt. Aber: Jedes Lied ist eine Liebeserklärung an die deutsche Sprache. Udo kennt das deutsche Lebensgefühl und singt auch über Alltägliches: Schlechte Stimmung, weil "Frau weg, Auto geklaut und pleite" oder, das stressige Einkaufen im Supermarkt statt im "Tante Emma Laden am Eck’ vis-à-vis". Aber auch Tagespolitik hat Platz im Repertoire: "Angela Merkel reitet jetzt die Westerwelle."

Da steht er wieder im Rampenlicht, wie in Stein gemeißelt: Die Hände hoch oben am Mikrophon, den Blick in die Ferne gerichtet - Tröster, Charmeur und Schlager-Ikone in einer Person.

Die Fans haben den Mann im Sakko in ihre Herzen geschlossen, und die Aufzählung der Hits des Abends sprengt alles: "Ich war noch niemals in New York", "Dieses ehrenwerte Haus", "Aber bitte mit Sahne" und "Griechischer Wein" - die Klassiker gehören zum Pflichtprogramm, das tausendfach mitgesungen wird.

So kennen auch Julia Dobald (24) aus Wuppertal und Stefanie Breitzke (29) aus Velbert jede Zeile. Wieso interessieren sich die jungen Frauen für die Musik eines älteren Herren? "Ich bin mit Udos Musik aufgewachsen", sagt Dobald. Ihr Lieblingslied: "Ich wünsch’ dir Liebe ohne Leiden".

Mit diesem Lied verbindet auch Ulrike Neuhoff Emotionen: Das spielte ihr nämlich ihr mittlerweile verstorbener Vater einen Tag vor ihrer kirchlichen Trauung vor - sein Wunsch für die Zukunft seiner Tochter. Udo Jürgens sei "ein Begleiter durch all’ ihre Lebensphasen" gewesen. "Heute möchte ich danke sagen."

Dankbar verneigt sich auch Udo Jürgens vor seinen Fans. Dann packt er am Schluss den legendären Bademantel aus. "Auf der Bühne zu stehen, ist ein Geschenk", sagt er. Seine Worte wirken nicht pathetisch. Ihm kauft man das ab. Oder wie er selbst singt: "Merci chéri, für die Stunden mit dir."