Analyse Unterhaltsvorschuss: Mehr als doppelt so viele Ausgaben

Wuppertal · Analyse Nach der Gesetzesänderung 2017 haben mehr Alleinerziehende Anspruch auf die Ersatzleistung von den Behörden.

Nach einer Trennung zahlen nicht alle Elternteile Unterhalt.

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Dank einer Gesetzesreform erhalten seit Juli 2017 mehr Alleinerziehende Unterhaltsvorschuss von der Stadt. Das beschert dieser mehr Arbeit und mehr Ausgaben. Im Jugendhilfeausschuss wurden kürzlich die Zahlen dazu vorgestellt.

Seit Juli 2017 erhalten Alleinerziehende, deren Ex-Partner keinen Unterhalt zahlen, länger staatliche Unterstützung, genannt Unterhaltsvorschuss. Diese Zahlungen wurden lange nur bis zum zwölften Lebensjahr der Kinder gezahlt, seit 2017 gibt es sie bis zum vollendeten 18. Lebensjahr der Kinder. Auch wenn die Gesetzesänderung grundsätzlich begrüßt wurde, gab es doch Klagen, dass mit den Kosten auch die Städte belastet werden. Auch Sozialdezernent Stefan Kühn (SPD) hatte damals betont: „Das ist ein absolut richtiges Gesetz“, gleichzeitig kritisiert: „Die Reform des Unterhaltsvorschuss-Gesetzes geht zulasten Wuppertals.“

Die Anträge auf Unterhaltsvorschuss stiegen 2017 sprunghaft an, schon im Juni meldeten sich die ersten Betroffenen. Lagen die Antragszahlen Anfang des Jahres 2017 durchschnittlich bei gut 100 bis 130, stiegen sie im Juni 2017 auf 243 und im Juli dann auf 543, im Oktober sogar 550. Anschließen sanken sie langsam wieder, lagen im Juni 2018 bei 225 Anträgen, im November bei 194 und im Dezember bei 154.

Die Entwicklung der Fallzahlen macht die Steigerung noch deutlicher. In den Jahren 2013 bis 2016 gab es nur eine sehr langsame Steigerung von 2849 auf 3285 Fälle. Doch 2017 mussten die Stadtmitarbeiter 5709 Fälle bearbeiten, 2018 dann 6549 Fälle.

2018 zahlte die Stadt 14,6 Millionen Euro Unterhaltsvorschuss

Und auch bei den Ausgaben wird die Veränderung sehr deutlich. Die entwickelten sich von 2013 mit 5,5 Millionen Euro langsam zu 6,3 Millionen Euro im Jahr 2016. 2017 stiegen die Ausgaben auf 8 Millionen Euro, 2018 dann auf 14,6 Millionen Euro.

Obwohl sich die Stadt das gezahlte Geld grundsätzlich vom säumigen Elternteil zurückholen kann, gelingt das nur in einem kleinen Teil der Fälle. Die so genannte Rückgriffsquote lag 2018 bei 9,7 Prozent (rund 1,4 Millionen). Die Stadtmitarbeiter erläutern, dass sie wegen der hohen Arbeitsbelastung den Fokus zunächst auf die Bewilligung der Anträge und die Einarbeitung neuer Mitarbeiter gelegt haben. Noch nicht realisierte Ansprüche auf Rückgriffe könnten aber nachgeholt werden.

Wie wichtig die Unterhaltsvorschusszahlungen für die Betroffenen sind, macht ein Zahl deutlich: 70 Prozent der Alleinerziehenden in Wuppertal, die Unterhaltsvorschuss bekommen, sind Hartz-IV-Empfänger. Hier zeigt sich, dass das Armutsrisiko für Alleinerziehende hoch ist – und in Wuppertal besonders hoch. Denn im Bundesdurchschnitt sind nur 40 Prozent der Unterhaltsvoschussberechtigten auch Bezieher von Hartz-IV-Leistungen.

Und trotz aller Gleichstellungsbemühungen sind weiterhin überwiegend Frauen in der Situation: Von den 6549 Antragstellern im Jahr 2018 waren 6065 Frauen, das sind 92,6 Prozent.