Analyse Wie das GMW mit den Millionen pokert

Wuppertal · Analyse Immer mehr Fördergelder werden vorgestreckt. Das Überschreiten von Fristen ist einkalkuliert. Ein gefährliches Spiel?

Ein typisches GMW-Bauprojekt: An der Staubenthaler Straße ist eine Kita entstanden, Bauleiter Frank Korpys, OB Andreas Mucke und GMW-Chef Hans-Uwe-Flunkert (v.l.) schauten sich den Fortschritt an.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Spätestens seit dem vergangenen Herbst ist klar: Das städtische Gebäudemanagement (GMW) hat ein strukturelles finanzielles Problem. Das offenbarte sich in einem „Liquiditätsengpass“ zum Ende des Jahres, was übersetzt bedeutete: Das GMW konnte seine fälligen Rechnungen nicht mehr bezahlen. Um die Kuh vom Eis zu bekommen, verzichtete die Stadt auf ihre Gewinnausschüttung in Höhe von 11,3 Millionen Euro und ließ einen zusätzlichen Überbrückungskredit in Höhe von zehn Millionen Euro fließen.

Ist das GMW inzwischen auf einem besseren Weg? Die FDP hat da in einem aktuellen Antrag, der in der kommenden Ratssitzung beraten werden soll, Zweifel angemeldet und eine „Prozessoptimierung beim Gebäudemanagement“ gefordert. Ein Kernsatz des Antrags: „Die gegenwärtige Situation ist nicht zu tolerieren.“ FDP-Fraktionschef Alexander Schmidt sagte der WZ: „Die Gefahr ist latent, dass Fördergelder nicht abgerufen werden.“

Um dieses Risiko zu begreifen, muss man verstehen, wie das GMW im Zusammenspiel mit dem städtischen Rechnungsprüfungsamt arbeitet. Beispiel: Das GMW baut wieder einmal eine neue Kita für die Stadt. Dafür sind Fördergelder in Millionenhöhe vom Bund bewilligt. Das Geld erhält der städtische Eigenbetrieb allerdings nicht im Voraus, sondern im Nachhinein. Also tritt das GMW in Vorkasse. Für den Bau vergibt das Gebäudemanagement Aufträge an Bauunternehmen nach Vergaberichtlinien von Stadt - und je nach Fördergeber - von Bund und/oder Land. Das Rechnungsprüfungsamt der Stadt muss die Unterlagen auf ihre Richtigkeit überprüfen.

Dass Fristen nicht eingehalten
werden, ist gelebte Praxis

Allein in diesem Zusammenspiel hat es in der Vergangenheit gewaltig gequietscht, wie Frank Noetzel aus dem Rechnungsprüfungsamt in einem Ausschussbericht öffentlich machte. Da schlugen schon einmal bei den Prüfern Vorgänge auf, die diese für „überhaupt nicht förderfähig“ hielten. Schmidt berichtet: „Es gab auch Fälle bei denen einfach Rechnungen oder Angebote fehlten. Das sind Anzeichen dafür, dass interne Abläufe optimiert werden müssen.“ GMW-Chef Uwe Flunkert weist darauf hin, dass die Überlagerung von verschiedenen Vergabestandards sehr schwierig sei und dass in seinem Team keine Vergabe-Profis, sondern Architekten arbeiteten: „Da sind Fehler nahezu vorprogrammiert.“

Das Problem: Die geförderten Bauprojekte müssen in einem bestimmten Zeitfenster abgeschlossen sein, sonst kann der Fördergeber die Zahlung verweigern - und das GMW bleibt auf den Kosten sitzen. Diese Angst trieb die Mitglieder im Rechnungsprüfungsausschuss um.

Flunkert sieht das hingegen eher locker: „Ich habe eigentlich keine Sorge, dass das mal schief geht.“ Die Fristen der Fördergeber seien schlichtweg nicht „praxisnah“. So werde es eigentlich immer zeitkritisch. Dass Förderfristen gerissen werden, sei auch keine Seltenheit. Aber, so Flunkert: „Der Fördergeber verlängert eigentlich immer die Fristen.“ An dieser gelebten Praxis hängt das finanzielle Glück des Eigenbetriebs.

Kämmerer Johannes Slawig sieht den Verlust von Fördergelder bei diesem Jonglage-Akt ebenso nur als eine „theoretische Gefahr“ an. Er verrät einen weiteren Kniff aus der Trickkiste des GMW. So könnten beispielsweise über Verschiebungen Fördergelder „gerettet“ werden. Flunkert bestätigt das. Sind Gelder beispielsweise für eine energetische Sanierung bewilligt, könne man diese von einem Projekt für das es bereits zu spät geworden ist, einfach für eine energetische Sanierung an einer anderen Stelle verwenden.

Wie der jüngste Liquiditäts-Engpass zeigte, stößt das auf Kante genähte Geschäft mit den Fördergelder sehr wohl an seine Grenzen. Flunkert erklärt: „Wir hatten eigentlich immer einen Vorschub von 15 Millionen Euro für die Vorfinanzierung.“ Doch der Puffer sei eben aufgebraucht worden, weil die Höhe der Fördergelder immer weiter angestiegen sei. In 2020 will das GMW 90 Millionen Euro verbauen.

Slawig rechnet mit
Ergebnis bis zum Sommer

Damit die Förderprojekte schneller abgearbeitet werden können und damit in kürzeren Intervallen Cash der Fördergeber fließt, versucht die Stadt, nach einem entsprechenden Ratsbeschluss das Getriebe zu ölen und die eigenen Vergaberichtlinien kritisch zu hinterfragen. Das begrüßt Uwe Flunkert ausdrücklich. Slawig rechnet mit einem Ergebnis im Sommer bis Herbst. Zudem sollen im Rechnungsprüfungsamt - in dem bislang von gerundeten 26 Planstellen nur 25 besetzt sind - zwei weitere Stellen durch Umschichtungen besetzt werden.

Und weil all diese Verbesserungen schon auf den Weg gebracht worden seien, lehnte die Mehrheit im Betriebsausschuss Gebäudemanagement bereits den Optimierungsantrag der FDP ab. Zum totalen Unverständnis von Alexander Schmidt, der im Rat auf den nötigen Zuspruch hofft. Derweil zeigt das inzwischen installierte monatliche Controlling beim GMW immer mal wieder eine leicht negative Liquidität. Das findet dann auch Kämmerer Slawig: „Schon etwas beunruhigend.“