Wuppertaler Weltmarktführer Bayer besinnt sich auf seine Wurzeln
Das Unternehmen mit einem Sitz in Elberfeld ist Weltmarktführer bei verschreibungspflichtigen Medikamenten.
Elberfeld. Wer das Gelände des Forschungs- und Entwicklungszentrums von Bayer HealthCare in Wuppertal zum ersten Mal betritt, mag sich an eine amerikanische Campus-Uni erinnert fühlen. Quasi auf der grünen Wiese, am Rande der Stadt und nicht weit von der Autobahn Richtung Essen entfernt, stehen gläserne Gebäude, die durch Straßen und Wege miteinander verbunden sind. Auf einer Fläche von 190 000 Quadratmetern hat der Bayer-Konzern dort eine seiner bedeutendsten Forschungs- und Entwicklungszentralen für pharmazeutische Produkte angesiedelt und im Tal an der Wupper liegt der Produktionsstandort, in dem die Medikamenten-Wirkstoffe hergestellt werden.
Auch wenn sich die Konzernzentrale in Leverkusen befindet: Mit rund 3100 Mitarbeitern unterhält Bayer in Wuppertal einen bedeutenden Standort - dessen Rolle im Gesamtkonzern in den letzten Jahren immer wichtiger geworden ist. „Wuppertal hat besonders in den vergangenen fünf Jahren eine Renaissance erlebt“, sagt der Standortleiter von Bayer HealthCare, Klaus Jelich.
Vor mehr als 150 Jahren im damals noch eigenständigen Barmen gegründet, besinnt sich der Konzern derzeit wieder auf die eigenen Wurzeln. Während sich das Unternehmen von der Kunststoffsparte trennt und dem Standort Krefeld den Rücken kehrt, verstärkt es seine Investitionen im Pharma-Bereich.
Für den Standort Wuppertal bedeutet das in den kommenden Jahren den Ausbau des Werkes an der Wupper, Investitionen von mehr als 400 Millionen Euro und die Schaffung von 360 neuen Arbeitsplätzen alleine für die Herstellung von Faktor-VIII-Wirkstoffen zur Behandlung von Hämophilie, der sogenannten Bluterkrankheit.
Möglich macht dies unter anderem die Entwicklung neuer umsatzstarker Medikamente: etwa Xarelto, ein Mittel, das zunächst zur Vermeidung von Thrombosen nach schweren orthopädischen Operationen zugelassen wurde und mittlerweile auch zur Vorbeugung von Schlaganfällen verordnet wird.
Jelich freut sich darüber, dass Wuppertal bei der Entwicklung der Medikamente eine so bedeutende Rolle im Konzernverbund spielt. „Von den Top-15 der verschreibungspflichtigen Produkte sind acht in Wuppertal entwickelt worden, und die Wirkstoffe werden hier hergestellt“, sagt er. Bei der Entwicklung neuer pharmazeutischer Wirkstoffe gebe es einen Trend, die Erforschung chemischer und biologischer Ansätze und Prozesse stärker miteinander zu verbinden und zu prüfen, ob daraus neue Heilmittel gegen Krankheiten entstehen können.
Wobei die Forschung langwierig ist und die Mitarbeiter in den Laboren vor allem eins mitbringen müssen: eine hohe Frustrationstoleranz. „Bei der Entwicklung eines neuen Wirkstoffes kann man nur in etwa drei Prozent aller Fälle mit einer erfolgreichen Zulassung des Medikaments rechnen“, sagt Harald Dinter, der bei Bayer für die biologische Forschung zuständig ist. Da die Entwicklung langwierig und zeitaufwendig ist, sind die Entwicklungskosten sehr hoch. So liegen sie etwa bei Xarelto bei mehr als zwei Milliarden Euro.
Bei der Forschung hält Bayer den Fokus auf bestimmte Krankheiten: Das sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Frauenheilkunde sowie Augen- und Nierenkrankheiten. Jörg Möller, Leiter des Bereichs Globale Entwicklung unterstreicht einen weiteren wichtigen Punkt: „Wir entwickeln hier nur dann ein Medikament, wenn wir sicher sind, dass es eine Verbesserung gegenüber dem gegenwärtigen Therapiestand ist.“ Die Entwicklung dauert im Schnitt zehn Jahre: Was viel Zeit und Kosten benötigt, soll dann auch auf dem Markt wirtschaftlich erfolgreich sein.