Seit 20 Jahren Regionalagentur Bergisches Städtedreieck: Arbeit als Kitt der Gesellschaft

Wuppertal · Die Regionalagentur Bergisches Städtedreieck besteht seit 20 Jahren – doch jetzt sollen Mittel gekürzt werden.

Oliver Francke (l.) ist Leiter Regionalagentur Bergisches Städtedreieck. Sie ist unter dem Dach der Bergischen Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft um Stephan A. Vogelskamp angesiedelt.

Foto: Christian Beier

Die Regionalagentur Bergisches Städtedreieck: Was sich genau dahinter verbirgt, sorgt wohl eher für Fragezeichen. Dabei leistet die Einrichtung einen elementaren Dienst für die Region. Jetzt feiert sie ihren 20. Geburtstag – und muss sich aufgrund von Mittelkürzungen einmal mehr beweisen.

Europäischer Sozialfonds. Arbeitsmarktpolitik. Umsetzung von Landesstrategien. Das ist ein Weg, die Arbeit der Regionalagentur Bergisches Städtedreieck in Worte zu fassen. Der klingt aber eher sperrig. Die viel griffigeren Worte liefert Oliver Francke. Der Leiter der hiesigen Regionalagentur hat einen sozialen Kompass. Und daraus speist sich seine Motivation: „Arbeit ist der Kitt einer Gesellschaft.“

„Menschen gehen raus, kümmern sich um ihr Leben und das Leben ihrer Familie. Das macht alle Menschen gleich. Wenn Menschen daran nicht partizipieren können, entsteht ein Ungleichgewicht in unserer Gesellschaft.“ Und damit arbeitet seine Institution nach seiner Lesart vor allem für eins: den Zusammenhalt der Gesellschaft. Das ist Franckes Anspruch, dafür arbeitet die Regionalagentur: Menschen in Arbeit zu bringen, in Arbeit zu halten, für bessere Perspektiven zu qualifizieren – und so den Wirtschaftsstandort im Bergischen Land zu stärken.

Die Regionalagentur realisiert, so die Beschreibung, die Arbeits- und Arbeitsmarktpolitik des Landes vor Ort. Meistens läuft das im Verborgenen ab. Dann bemerkt man sie gar nicht so richtig, weiß auch Francke. Die Regionalagenturen sind Einrichtungen des MAGS, also des Landesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Das kann dann so laufen wie mit der Jugendberufshilfe Solingen. Einer von vielen Akteuren im Städtedreieck, die laut Francke die Basis legen. „Dort wird ausbildungsvorgeschaltet eine immens wichtige Arbeit gemacht, und das durch einen sehr engagierten Träger. Als es einmal finanziell eng wurde, konnten wir einen Teil zu einer Lösung beitragen.“ Wichtig seien in diesem Fall aber auch der Träger selbst sowie andere Akteure gewesen: Etwa mit den Jobcentern arbeitet die Regionalagentur eng zusammen.

„Wir sind das Scharnier zwischen den Regionen und der Landesregierung“, sagt Francke. Als man im Zuge des Strukturwandels festgestellt habe, differenzierter auf die einzelnen Regionen von NRW blicken zu müssen, seien die Agenturen entstanden: „Weil die Arbeitsmärkte in NRW hoch divers sind.“ Heißt konkret: Im Bergischen Land gibt es Landesförderungen, die es im Ruhrgebiet nicht gibt – und Ostwestfalen-Lippe hat teils andere Programme als die Märkische Region.

Messen zur
Weiter- oder Ausbildung

16 Regionalagenturen gibt es. Seit 2004. Sie bringen die richtigen Förderungen in die Landesteile. Melden aber auch die Bedarfe an die Politik. Und netzwerken, bilden aus und weiter, erstellen regionale Bedarfskonzepte. Im Städtedreieck initiiert die Regionalagentur etwa Messen zu Weiter- oder Ausbildung. Oder setzt Programme auf, um Potenziale zu heben: von jungen Geflüchteten; bei der Integration von Menschen mit Behinderung in Betriebe; in der Stärkung von Voll- statt Teilzeit für Frauen.

Die Regionalagentur für Wuppertal, Remscheid und Solingen ist besonders in landesweiter Betrachtung. Unter den 16 Regionalagenturen ist sie die kleinste, bildet nur etwa drei Prozent der Bevölkerung Nordrhein-Westfalens ab. Dafür aber, berichtet Francke, hat sie immer wieder Modellcharakter. Weil sich hier viele Probleme und Herausforderungen identifizieren lassen, die bereits jetzt oder absehbar auch andere Regionen betreffen. Und weil die Einheit mit drei Städten relativ überschaubar ist. „Da funktionieren wir manchmal wie ein Labor.“ Er identifiziert derzeit vor allem vier Herausforderungen: das Dauerthema Fachkräfte; Inklusion; Integration in den Arbeitsmarkt; Aus- und Weiterbildung. Und nicht zuletzt: Das Geld wird immer knapper.

Dass in Wuppertal das Jobcenter bald viele Leistungen nicht mehr anbieten könne, sei nur eine Vorschau, sagt Stephan A. Vogelskamp von der Bergischen Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft: „Unsere Regionalagentur hat eine enorme Wirkung vor Ort. Da ist es widersinnig, dass in der angespannten Situation an der sozial-stabilisierenden Infrastruktur gespart wird.“ Absehbar hat die Regionalagentur dann auch nur noch 1,5 statt zwei Stellen. Sie muss sich beweisen. Einmal mehr.