Ronsdorfer produzieren Textilien vom Hutband bis zum Ölfilter

Der Traditionsbetrieb aus Vom Baur verbindet Hightech und Tradition unter einem Dach.

Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. Wer an Hightech-Textilien denkt, denkt auch an Hightech-Industrie, an moderne Geräte und große Hallen. Dabei produziert vom Baur hochmoderne Textilien teils auf Webstühlen aus dem vorigen Jahrhundert. Peter vom Baur, Geschäftsführer des Traditionsbetriebes, sagt: „Das sind zwar alte Maschinen, aber es ist eine Branche mit Zukunft.“

Das Unternehmen, das gut versteckt in einem Hinterhof an der Marktstraße 34 in Ronsdorf produziert, wurde 1805 gegründet. Ursprünglich entstand dort Hutband für Herrenhüte. Bis in die 1920er Jahre war das ein gutes Geschäft.

Heute ist die Firma komplexer aufgestellt. Ihr Handwerk ist immer noch das Weben, aber die Produkte sind andere. „Die Firma hat drei Standbeine“, beschreibt vom Baur. Das Erste ist die Filtration — also Filterschläuche für die Chemie- und Nahrungsmittelindustrie. Das zweite sind Industrietextilien — Schläuche, Bänder oder Gurte, die zur Isolierung oder zum Transport dienen. Das dritte sind sogenannte Composites — gewebte Verbundwerkstoffe etwa aus Carbon, Glas oder Aramid.

Diese werden verarbeitet zu Flachgeweben, Schlauchgeweben — etwa als Hohlkammern in Skiern —, zu pulverbeschichteten Bändern, zu Spiralgeweben — für die Medizintechnik und U-Boot-Luken — und 3D-Geweben für Helikopter und Flugzeuge. Vor allem Carbon bietet sich an, um in Flugzeugen und Booten für Gewichtseinsparungen zu sorgen. Teils sind die Produkte und Formen eigene Entwicklungen. Die Hersteller fragen spezifisch bei vom Baur nach und die Mitarbeiter tüfteln an Lösungen.

Wer durch die Produktionsräume geht, wandelt zwischen den Zeiten. Jahrzehntealte Webstühlen aus Holz und Gusseisen verweben hochmoderne Materialien, aus denen extrem feine Stoffe entstehen.

Die hölzernen Webschiffchen sausen hin und her, einige waagerecht, einige im Halbkreis. Sie machen Ölfilter mit Schussfäden, die dünner sind als ein Haar. Zuckerfilter, die eine glatte Webkante und eine gewölbte Häkelkante haben. Zwischen zehn Webstühlen bewegt sich nur ein Mitarbeiter. Wenn die Maschinen im Gang sind, läuft scheinbar alles von selbst.

Dagegen wird die Prüfung der Produkte nicht aus menschlicher Hand gegeben. Die feinen Filterschläuche werden in Handarbeit über Lichttische geführt und auf Fehler kontrolliert. Die werden anschließend herausgeschnitten. Auch die Webstühle sind noch von Hand gefertigt. Im Keller arbeitet ein Bandwebstuhlschreiner, der Reparaturen vornimmt. Etwa 20 Betriebe weltweit greifen zudem auf die Dienste des Handwerkers zurück — denn viele spezialisierte Schreiner gibt es nicht mehr. Laut Vom Baur bildet sich in der hauseigenen Schreinerei auch der eigene Nachwuchs weiter.

In Wuppertal ist die Textilindustrie einmal ganz stark gewesen. Vom Baur sagt, es habe hier einmal 15 000 Beschäftigte gegeben. Heute seien es nur noch 3000. „Aber denen geht es gut.“ Das gilt auch für vom Baur. Der Betrieb selbst hat knapp 80 Mitarbeiter. Die Firma macht etwa 10 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Vor einigen Jahren mussten sogar Teile der Produktion ausgelagert werden. Seitdem gibt es einen zweiten Standort an der Otto-Hahn-Straße. Hauptstandort ist aber nach wie vor Ronsdorf.

„Hutbänder stellen wir heute noch her“, erzählt vom Baur. „Die machen aber nur noch 1,5 Prozent der Produktion aus.“ Die gehen vor allem nach Nord- und Südamerika — für hochwertige Stroh- oder Cowboy-Hüte.