Wolfgang Bosbach rockt den IHK-Neujahrsempfang Bosbach spricht, der Saal tobt
Wuppertal · Der ehemalige CDU-Abgeordnete im Bundestag war Stargast auf dem Empfang der IHK.
Mit einem fulminanten Vortrag hat der ehemalige Bundestagsabgeordnete der CDU und Experte für Innenpolitik Wolfgang Bosbach am Mittwochabend die Historische Stadthalle erobert. Der 66-Jahre alte Rechtsanwalt aus Bergisch Gladbach erklärte den gut 1000 Gästen auf dem Neujahrsempfang der IHK, was in diesem Jahr wichtig werden wird. Was er sagte und wie er das tat, brachte dem Rechtsanwalt nach etwa 45 Minuten den stehenden Applaus seines Publikums ein. Dabei hatte Bosbach nicht nur Leichtes im Gepäck, aber er trug es rheinisch-fröhlich vor. „Wenn wir Deutschen Licht am Ende des Tunnels sehen, dann verlängern wir den Tunneln“, sagte der langjährige Innenpolitiker beispielsweise. Ihm ist es eine Last, dass die Deutschen im Allgemeinen eher schwermütig mit den Themen des Alltags umgehen. Seine Verweise auf die regelmäßigen Freudenfeste am 4. Juli in den USA und am 14. Juli in Frankreich garnierte er mit dem Bild von den Feiern zur Deutschen Einheit. „Streichquartette auf Bühnen mit Gummibäumen in Töpfen.“
Bosbach ist kein Nationalist. Nationalisten sind ihm vielmehr ein Gräuel. „Diese Leute haben Elend und Zerstörung über Europa gebracht“, sagte er. Statt dessen warb er für Patriotismus. „Der ist erlaubt.“
Der langjährige Innenexperte der CDU-Bundestagsfraktion teilte die Einschätzung von IHK-Präsident Thomas Meyer, der in seiner Rede vor weiterem Vertrauensverlust in Parteien und Institutionen gewarnt hatte. Bosbach bezog das auf den Zustand der Volksparteien, auf den Zulauf für populistische Parteien am rechten und linken Rand des politischen Spektrums. „Ich bin in der Wolle gebleichter Christdemokrat. Aber glauben Sie nicht, dass es mir Freude macht, die SPD bei 14, 15 Prozent zu sehen“, sagte er. Die Bundesrepublik sei über Jahrzehnte sehr gut damit gefahren, zwei starke Volksparteien zu haben.
Dass Deutschland trotz Nationalisten und trotz einer AfD eine gute Zukunft haben kann, davon ist der erfahrene Bundespolitiker überzeugt. „Wir haben einen ausgezeichneten Ruf in der Welt“, sagte er. „Und wir werden wahrgenommen.“ Letzteres belegte er mit einem Taxifahrer im Oman, der ihm das Baufeld für den neuen Flughafen mit den Worten gezeigt habe: „Unserer wird rechtzeitig fertig“.
Für Bosbach stehen 2019 zwei wichtige Entscheidungen an. Die eine ist der Austritt der Briten aus der EU, der für Bosbach ein fatales Signal ist. „Noch nie ist ein Land ausgetreten“, sagte und und warnte vor Nachahmern. Es sei ein Irrglaube, in der Welt als einzelnes Land eine Rolle spielen zu können. Wenn die EU zerfalle, werde Europa marginalisiert. Aus diesem Grund verwies Bosbach auf die Europawahl am 24. Mai. Sie sei wichtig, um ein Signal gegen Nationalismus und Nationalisten zu setzen.
Deutschland schrieb Bosbach grundsätzlich gute Zukunftsaussichten ins Stammbuch. Das Land verfüge über eine ausgezeichnete junge Generation. „Aber wir müssen uns verändern“, sagte er und erinnerte an große Namen der Unterhaltungselektronik, die ganz oder größtenteils verschwunden sind. Grundig, Telefunken, Uher und Schaub-Lorenz beispielsweise. Und auch Kodak. Der Filmherstelle habe nicht in Digitialtechnik investieren wollen, um seinen eigenen Markt zu erhalten. Das Ergebnis: Kodak ist weg, und mit Kodak 110 000 Arbeitsplätze. „Die anderen“, sagte Bosbach, „sind nicht besser als wir, aber sie sind schneller.“
Der jungen Generation im Saal riet Bosbach zum Mut, sich selbstständig zu machen. „Ich habe nie 40 Stunden für andere arbeiten wollen. Ich habe es dann allerdings 60 Stunden in der Woche getan“, witzelte er.
In der Sorge vor dem Fachkräftemangel unterstützte der Politiker den IHK-Präsidenten, der diesem Problem in seiner Rede großen Raum einräumte und auf die Notwendigkeit von digitaler Bildung schon in der Schule hinwies. Bosbach nahm allerdings auch die Unternehmer in die Pflicht. „Das beste Mittel gegen Fachkräftemangel ist Ausbildung“, sagte er.
Wie sehr Deutschland und Nordhrein-Westfalen in Zeiten der Trumps auf internationale und grenzenlose Zusammenarbeit angewiesen ist, machte der IHK-Präsident in seiner Ansprache deutlich. „Mehr als 45 Prozent des NRW-Umsatzes im verarbeitenden Gewebe werden im Ausland realisiert“, sagte er. Allein im Zeitraum von 2002 bis 2015 hätten seien die Exporte um mehr als 50 Prozent gestiegen. Deshalb würdigte Meyer die Arbeit der EU als Treiber des Freihandels.
Von Bund und Land fordert Meyer, mehr in die Verkehrsinfrastruktur zu investieren und die Kommunen in die Lage zu versetzen, das auch tun zu können.