Stadtgeschichte Als in Wuppertal Panzer fuhren
WZ-Fotograf Kurt Keil erinnert sich an die Bundeswehrübergabe mit Ministerpräsident Heinz Kühn in der Sagan-Kaserne.
Wo heute autonome Autos fahren, Start-ups arbeiten oder die Uni forscht – da waren früher Soldaten beheimatet. Da marschierten sie, da fuhren Panzer. Sichtbar wurde das für die Zivilbevölkerung an Tagen wie jenem, den der langjährige WZ-Fotograf Kurt Keil festgehalten hat. Es war der 21. März 1972. Anlass war die Bundeswehrübergabe mit Ministerpräsident Heinz Kühn in der Sagan-Kaserne.
Die entstand wie alle Wuppertaler Kasernen zu NS-Zeiten, wurde unter den Briten nach dem Zweiten Weltkrieg erst zu den Anglesey Barracks, dann zu den Manchester Barracks. Heute ist an der Lise-Meitner-Straße das Technologie-Zentrum W-Tec angesiedelt, ebenso wie die Wirtschaftsförderung und die Deutschlandzentrale von Aptiv Services, ehemals Delphi.
Die Zeiten haben sich geändert. Aber das war schon damals so. Keil, der selbst 1960 - 1961 gedient hat, erinnert sich daran, wie schon in den 1970ern ein anderer Wind in den Kasernen wehte. „Bei meinem ersten Besuch als Pressefotograf in den Wuppertaler Kasernen kam ich aus dem Staunen nicht mehr raus“, sagt er. Während zu seiner Zeit noch strenge Frisur-Vorgaben herrschten, liefen die Soldaten mit langem Haar in der Kaserne herum, „von einem Haarnetz wurde die volle Haarpracht gehalten“. Während er im Grundwehrdienst in den ersten drei Monaten nicht nach Hause gedurft habe, seien die Soldaten in den 1970ern gefühlt jedes Wochenende nach Hause gekommen. Und freitags hätte ab „mittags kein Krieg beginnen können“. Die Soldaten hätten alle frei gehabt.
Heute ist die Diskussion eine andere – immerhin ist die Wehrpflicht ausgesetzt worden. Die Bundeswehr hat auch die Anzahl der Standorte reduziert. Und in Wuppertal wurden die Kasernen alle umgewidmet. 2003 zogen die letzten Soldaten aus der Stadt ab.
Die Saarburg-Kaserne auf dem Freudenberg wurde nach dem zweiten Weltkrieg von den Briten genutzt (Bangor Barracks). Nachdem die Bundeswehr das Gelände übernommen hatte, wurden sie zur Generaloberst-Hoepner-Kaserne – bis 1993, als die militärische Nutzung endete. Später machte die Uni daraus den Campus Freudenberg.
Die Colmar-Kaserne (Harding Barracks) und die Diedenhofen-Kaserne (später Waldkaserne, Keightley Barracks und ab 1994 neue Generaloberst-Hoepner-Kaserne) auf Lichtscheid wurden später zusammen entwickelt. Auf dem Gelände am Scharpenacken entstand teilweise Wohnbebauung, der Engineering-/Gewerbepark und auf einem anderen Teil die Justizvollzugsanstalt Wuppertal-Ronsdorf.
Nicht ohne Widerstand. Der Ronsdorfer Bürgerverein erinnert auf der Homepage daran, wie die Aufgabe des Standorts Parkstraße zustande kam: Das Rheinische Amt für Denkmalpflege habe sich darum bemüht, „die Gebäude und das gesamte Gelände unter Denkmalschutz zu stellen, was aber am Widerstand der Stadt Wuppertal scheiterte.
Diese wollte dort ein Industriegebiet errichten. 2007 verkaufte die Stadt das gesamte Gelände an ein holländisches Unternehmen, das dort Wohnungen baute und einen Engineering-/Gewerbepark einrichtete, der heute das Bild an der ehemaligen Parkstraße und heutigen Landesstraße L 418/9 prägt.“
Baudezernent Frank Meyer ist dennoch insgesamt zufrieden, wie er der WZ im vergangenen Jahr einmal sagte: Es sei „gut gelungen“, nach dem Abzug der Bundeswehr keine Brachen entstehen zu lassen. „Vermarktungstechnisch war die Umwandlung auf jeden Fall ein Erfolg – städtebaulich wäre an der einen oder anderen Stelle sicher noch Luft nach oben gewesen.“
Keil selbst hat seine Presse-Laufbahn übrigens auch im Zusammenhang mit der Bundeswehr begonnen. Sein erster Bericht ging darum, dass Reservisten ihren Kampfanzug zu Hause haben mussten. Immerhin war Kalter Krieg, Da schlief man zu Hause quasi auf der Kampfmontur.