Teilhabegesetz Die Stadt und das Jobcenter werben für „Fair eingestellt“

Wuppertal · Neues Gesetz für sozialen Arbeitsmarkt schafft mindestens 400 Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose.

 Andreas Kletzander vom Vorstand des Jobcenters, und Annette Hager, die moderierte.

Andreas Kletzander vom Vorstand des Jobcenters, und Annette Hager, die moderierte.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Mehr als 10 000 Menschen in Wuppertal beziehen länger als sechs Jahre Arbeitslosengeld 2 oder „Hartz IV“. Für Personen dieser Gruppe sind die neuen Arbeitsplätze gedacht, die durch das „Teilhabechancengesetz“ möglich sind. Der Bund gibt bis zu fünf Jahre Geld dazu, wenn Arbeitgeber solche Menschen einstellen und diese damit wieder an ein Arbeitsleben gewöhnt werden. In Wuppertal soll es mit diesem Instrument mindestens 400 Arbeitsplätze geben. Die neuen Möglichkeiten stellten Stadt und Jobcenter jetzt bei einer Veranstaltung in der Laurentiusschule vor.

Oberbürgermeister Andreas Mucke (SPD) lobte die neuen Möglichkeiten: „Ich bin froh, dass wir dieses Instrument jetzt haben.“ Lange habe ein solches Mittel gefehlt. Sozialdezernent Stefan Kühn (SPD) erläuterte, warum Arbeitsplätze für die Menschen wichtig sind: „Arbeit ist mehr als Geld. Das bedeutet Tagesstruktur, Kontakt zu Kollegen. Insofern ist ,Teilhabe’ ein wichtiger Bestandteil des Gesetzesnamens.“

„Einem Unternehmen würde man den roten Teppich ausrollen.“

Wuppertal erhalte bis 2022 rund 31 Millionen Euro vom Bund, für 2019 zunächst sieben Millionen. Davon sollen 400 bis 500 Arbeitsplätze geschaffen werden, teils bei privaten Firmen, teils bei sozialen Trägern. „Wenn ein Unternehmen so viele Arbeitsplätze in Wuppertal schaffen wollte, würden wir ihm den roten Teppich ausrollen“, machte Mucke die Bedeutung des Programms deutlich. Er hofft auch auf positive Effekte für die Stadt an sich, auf einen „Domino-Effekt“, wenn sich die Möglichkeit herumspricht.

Der Bund zahlt zwei Jahre 100 Prozent des Lohns, dann 90, dann 80, dann 70 Prozent des Lohns – Mindestlohn oder Tariflohn. Verpflichtend dazu gibt es ein Coaching. Die Coaches werden sowohl die Arbeitnehmer begleiten, wenn sie Fragen und Schwierigkeiten haben, als auch den Unternehmen helfen. Ein solches Coaching sei ein wichtiger Faktor bei der erfolgreichen Integration in den Arbeitsmarkt, betonte Klaus Koch, Leiter des Unternehmensservice beim Jobcenter: „Fachleute sagen: ,Das ist das Instrument. Lasst die Leute nicht allein, wenn sie an ihrem neuen Arbeitsplatz stolpern.’“

Den Stellenwert dieser Begleitung für die Unternehmen bekräftigte Daniela Höhmann, Geschäftsführerin der Kommunikations-Agentur Roemer und Höhmann. Sie haben mit dem Programm eine Mitarbeiterin in der Buchhaltung eingestellt und sind sehr zufrieden. Das Programm sei ein „Rundum-sorglos-Paket“: „Es war einfach, das einzustielen, wir wurden gut betreut. Das ist ein Faktor, der es einfach macht.“

Ein weiterer Faktor ist die Vorauswahl der Bewerber durch das Jobcenter. Teilnehmen können Menschen ab 25 Jahre, die in den vergangenen sieben Jahren mindestens sechs Jahre Hartz IV bezogen haben. Das Jobcenter wählt unter den Berechtigten eine kleine Gruppe aus, unter denen interessierte Unternehmen oder Träger jemanden aussuchen können. So wird der Einstellungsprozess auch für die Arbeitgeber vereinfacht. Das bedeute auch, dass die, die kommen, den Arbeitsplatz auch wollen.

Das bestätigte Daniela Höhmann. Ihre Mitarbeiterin sei sehr engagiert und glücklich, dass sie arbeiten könne. Von guten Erfahrungen berichtete auch Barbara Steins vom Verein Alpha, der Träger verschiedener sozialer Einrichtungen ist. Sie hätten schon häufiger Mitarbeiter übernommen, die zuvor an Maßnahmen zur Integration in den Arbeitsmarkt teilgenommen haben. Aktuell haben sie drei neue Stellen geschaffen für Frauen mit Fluchterfahrung, die wiederum anderen Geflüchteten dabei helfen, sich auf dem deutschen Arbeitsmarkt. zurecht zu finden.

Das Interesse auf Arbeitgeberseite sei da, sagte Klaus Koch: „Das läuft richtig gut an.“ Die Plätze bei sozialen Trägern seien bereits alle vergeben, bei privaten Unternehmen seien 80 Arbeitsplätze so gut wie besetzt. Werbung machen Jobcenter und Stadt bei Unternehmenstreffen und der IHK. „Wir gehen auf Roadshow“, sagte Andreas Kletzander vom Vorstand des Jobcenters.

Sie werben mit dem Label „Fair eingestellt“. Das zeige auch eine Haltung der teilnehmenden Unternehmen, erläuterte Kletzander. Es bedeute auch einen Image-Gewinn: „Das heißt auch für andere Arbeitnehmer, dass dieser Arbeitgeber gut bezahlt.“

Aus dem Publikum kamen zahlreiche Fragen, wie Missbrauch verhindert werden könne – „Wir achten darauf, dass das Engagement der Arbeitgeber nachhaltig ist, der Arbeitsplatz auch in fünf Jahren noch besteht“, was passiert, wenn jemand schneller übernommen wird – „die Stelle wird nachbesetzt“, welche Rolle die Gesundheit der Arbeitnehmer spielt – die Integration in den Arbeitsmarkt trage oft erheblich dazu bei, die Gesundheit der Arbeitnehmer zu verbessern.