Historisches Wuppertal: Vor 120 Jahren ging der letzte Abschnitt der Schwebebahn in Betrieb

Wuppertal · „Jeder Fahrlustige wollte am Eröffnungstage dabei sein“

Der Schwebebahnhof Barmen-Rittershausen (heute Oberbarmen) um das Jahr 1904.

Foto: Zedler & Vogel Darmstadt / Stadtarchiv Wuppertal

„Heute um 9 ½ Uhr wurde die Barmer Strecke der Schwebebahn dem Verkehr übergeben“, schrieb der General-Anzeiger in seiner Ausgabe vom 27. Juni 1903. Die Verbindung mit Elberfeld sei programmmäßig in der Nacht zu Freitag fertiggestellt worden. Zumindest fast. „Die Verkehrseröffnung stellte sich insofern einer Schwierigkeit entgegen, als die Signalapparate nicht ganz vollständig waren.“ Bauverzögerungen und Arbeiten, die in letzter Minute erledigt werden mussten, gab es also seit jeher. „Der Andrang von Fahrlustigen war ziemlich stark. Jeder wollte eben schon am Eröffnungstage das neue Betriebsmittel benutzt haben.“

Mit der Freigabe der Strecke zwischen Kluse und Barmen-Rittershausen ging heute vor 120 Jahren der letzte Abschnitt der Wuppertaler Schwebebahn in Betrieb.

Die Schwebebahn fuhr
damals 23 Kilometer pro Stunde

Rittershausen hieß damals die östliche Endstation, die heute unter dem Namen Oberbarmen zu erreichen ist. Schon damals gab es einen Verkehr im Fünf-Minuten-Takt, die ersten Wagen verließen um 5.10 Uhr den Bahnhof. Für die Strecke zwischen Vohwinkel und Rittershausen benötigte sie seinerzeit 40 Minuten, da ihre maximale Reisegeschwindigkeit nur 23 Kilometer pro Stunde betrug. Heute fährt die Schwebebahn mit dem dreifachen Tempo durch die Stadt. Es waren ruhigere Zeiten. Das bewies auch der Umgang mit den Mitarbeitern, wie der General-Anzeiger schrieb: „Das Personal erhält nach jeder Fahrt eine Ruhepause, die zur Restaurierung oder Ähnlichem verwandt werden kann.“ Und mit Restaurierung waren keine Instandsetzungen im Werkstattdepot gemeint – sondern bewusste Erholung.

Ein Foto vom Bau der Schwebebahnstrecke um 1902.

Foto: Sammlung Stadtarchiv Wuppertal

Für die Fahrgäste der bis zu 38 Wagen schien dies ebenfalls zu gelten. So beschrieben die Berichterstatter die Vorzüge der neuen Wagen, die nicht nur weniger quietschend fuhren, sondern auch mit Längs- statt Quersitzen versehen waren. „Die Ausstattung ist prächtig und könnte den Straßenbahnwagen, die in dieser Beziehung manches zu wünschen übrig lassen, als Vorbild dienen.“

Gab es anfangs harsche Kritik ob dieses „Ungetüms“, das die Stadt durchschneiden sollte, waren die Bürger schließlich doch stolz auf die Einzigartigkeit der Schwebebahn: „So steht denn nun das neue Werk der Ingenieurskunst vollendet da. Bisher haben sich die Erwartungen, die auf das kühne Unternehmen gesetzt worden sind, in vollem Maße erfüllt: Die Schwebebahn ist zu einem der beliebtesten und angenehmsten Verkehrsmittel des Wuppertales geworden.“

Hamburg sollte Nachfolger werden, lehnte jedoch letztlich ab

Ein Wunsch der damaligen Kollegen schien sich jedoch nicht zu verwirklichen: Sie hofften, dass die Bahn „auch in anderen Städten noch vielfach Nachahmung finden möge“. Hamburg war daran interessiert, die Firma Siemens erstellte ein Konzept für die Hansestadt, die sich jedoch letztlich für eine ober- und unterirdische Straßenbahn entschied – zumal die dortige Politik die Schwebebahn als „zu langsam und im Bau zu teuer“ bewertete.

Zahlreiche Postkarten jedoch dokumentieren im Wuppertaler Stadtarchiv die 13 Kilometer lange Strecke wie auch die Stationen – und beweisen, dass die insgesamt 19 000 Tonnen Eisen, die für den Bau der Schwebebahn benötigt wurden, seit ihrer Eröffnung auch touristisch ein steter Hingucker sind.

Mit dem Bau der Schwebebahn war 1898 begonnen worden. Die Strecke „Kluse – Zoologischer Garten“ war im März 1901 eröffnet, die Strecke bis Vohwinkel im Mai desselben Jahres dem Betrieb übergeben worden. Die Gesamtbaukosten beliefen sich auf 13,5 Millionen Reichsmark.