Erfahrungsbericht Wie ich kein Toilettenpapier kaufte

Wuppertal · Elf Versuche, zwei Stunden, null Rollen. Ein Erfahrungsbericht aus den Supermärkten in Zeiten der Hamsterkäufe.

Rolle leer: WZ-Redakteur Daniel Neukirchen hat versucht, Nachschub zu kaufen.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Vor zwei Wochen habe ich noch gelacht. Vor einer Woche war ich schockiert. Und jetzt bin ich betroffen. Der Toilettenpapier-Wahnsinn hat mich eingeholt. Blatt für Blatt, Rolle für Rolle müssen sich irgendwann die meisten damit auseinandersetzen, dass es Zeit wird, Toilettenpapier zu kaufen. Also auf zum Selbsttest. Ist es wirklich unmöglich, in Wuppertal Toilettenpapier zu besorgen?

Im Aldi am Westring stehe ich vor einem leeren Regal. Hier muss es wohl mal gestanden haben, denke ich. Ich frage eine Mitarbeiterin, wann denn die nächste Lieferung ansteht. Sie sagt: „Jeden Tag kommen neue Paletten rein.“ Aha.

Weiter geht’s zum Aldi am Sonnborner Ufer. Beim Hereingehen fällt mein Blick auf einen Mann, der ein Objekt in der Hand hält, das wie ein Zweier-Pack Klopapier aussieht. Das war ja leicht, denk ich noch, bis ich dann erkennen muss, dass es Babywindeln gibt, die ähnlich verpackt sind wie die begehrten weißen Rollen. Hier erfahre ich allerdings von einer Mitarbeiterin: „Wir hatten heute Toilettenpapier - das war in 30 Minuten weg.“ Sie empfiehlt mir, morgens um 7 Uhr am Supermarkt zu sein.

Nächste Station: Eine Netto-Filiale am Arrenberg. Hier werden die Kunden anhand von Einkaufswagen gezählt. Kommt ein Wagen raus, geht ein Wagen rein. Das bedeutet: warten. Natürlich auf nichts weiter als ein leeres Regal. Doch beim Herausgehen fällt mir dann eine Frau auf, die eine Packung Küchenrollen auf das Förderband hievt. Das macht mich dann doch stutzig, denn im Regal gibt es das Klopapier zweiter Klasse nämlich nicht mehr. Also nerve ich wieder eine Verkäuferin. Die sagt mir erst, dass es weder Klopapier noch Küchenrollen gibt. Doch als ich sie auf meine Sichtung anspreche, verrät sie plötzlich: „Ich muss mal nachfragen, ob wir etwas hinten haben.“ Eine Minute später drückt sie mir wortlos Küchenrollen in die Hand. Ich frage nochmal: „Funktioniert das mit dem Toilettenpapier auch so?“ - „Nein.“ Ich frage mich langsam, ob ich nur das richtige Codewort nicht kenne. Gibt es einen geheimen Gruß? Wird mir Klopapier vorenthalten?

Marktwert gestiegen: Auf 3,99 Euro für zwei Rollen

Ich ändere die Strategie und gehe in eine Tankstelle in der Nähe. Dort gibt es Küchenrollen für jedermann, was - wie ich inzwischen weiß - bemerkenswert ist. Ein kleines Schildchen verrät mir, dass zu dem Sortiment eigentlich auch Klopapier gehört. Wann kommt wohl Neues? „Da müssen Sie den Chef fragen“, sagt die Kassiererin. Ehe ich mich versehe, stehe ich in einem Hinterzimmer und erfahre: „Montag und Donnerstag kommt die Lieferung. Eigentlich. Heute gab’s leider nichts, obwohl ich es bestellt habe.“ Dann lässt der freundliche Herr mich noch wissen, dass der Preis bei seinem Händler gestiegen ist. Sollte ich am Montag ein Zweier-Pack in den Händen halten, dann nur zum Spitzenpreis von 3,99 Euro. Der Marktwert steigt.

Ich steuere Akzenta in der Steinbeck an. Auf dem Parkplatz trifft mich der Blitz. Ich bremse ab. Mein Wagen rollt in Schrittgeschwindigkeit an einem Mann vorbei, der eine Packung Klopapier in den Händen hält. Unfassbar. Ich nehme sofort den nächsten Parkplatz. War das nicht eine Aldi-Marke? Ich visiere den Discounter an, kurz davor zu rennen. Was für ein Schwachsinn. Egal. Klopapier. Auf dem Förderband strahlt es schneeweiß. Ich hab’s geschafft, denke ich. Nur höre ich schon einen Mann hysterisch lachen: „Nix mehr da.“ Zu spät. Ich kann keine leeren Regale mehr sehen. An der Kasse stellt sich tatsächlich eine Frau an, die ihre Einkäufe auf Rollen von Klopapier gebettet hat. Ich frage: „War das die letzte Packung?“ Sie grinst. „Ich war eine der ersten an der Palette.“ Inzwischen habe ich mehr als eine Stunde in meine Mission investiert. Daher drehe ich auch wieder ab, als ich sehe, dass sich vor dem Akzenta eine Schlange mit rund 20 Kunden gebildet hat, die auf den Einlass warten wie vor einem Popkonzert.

Die Unternehmungslust schwindet. Bei „Denn’s Biomarkt“ um die Ecke muss ich wieder einen leeren Einkaufswagen durch die Gänge schieben. Ich steuere direkt die Verkäuferin an. „Klopapier, hatten wir heute Morgen...“ Alles klar, ich denke den Satz auf dem Weg zum Auto zu Ende.

In der Elberfelder Innenstadt bieten mir die Drogeriemärkte Müller und Rossmann einen besonderen Service, indem sie mich schon am Eingang darüber informieren, dass derzeit kein Toilettenpapier vorrätig ist. Bei Rossmann steht sogar „Kein WC- und Küchenpapier“. Das klingt fast so als sei das Teufelszeug aus dem Sortiment raus. Die letzte Abfuhr hole ich mir bei „dm“ mit dem Satz: „Morgen wieder - wenn Sie Glück haben.“ Ich will gar kein Glück mehr haben. Diese Odyssee endet mit der Erkenntnis: Diesen Stress ist es nicht wert. Sollen andere jagen und sammeln. Ich habe Angst mich anzustecken. Von der Panik.