Kundgebung gegen Kürzungen im Sozialbereich Wuppertaler protestieren mit bei Groß-Demo in Düsseldorf: „Situation ist unzumutbar“

Düsseldorf/Wuppertal · Zehntausende haben auf den Düsseldorfer Rheinwiesen gegenüber dem Landtag demonstriert. Mit dabei zahlreiche Wuppertaler – was sie umtreibt.

Der Caritasverband Wuppertal/Solingen war mit rund 300 Mitarbeitenden bei der Kundgebung „NRW, bleib sozial“ auf den Düsseldorfer Rheinwiesen.

Foto: Susanne Bossy

Rund 32 000 Menschen haben am Mittwoch auf den Düsseldorfer Rheinwiesen gegenüber dem Landtag demonstriert. Sie protestierten gegen die Pläne der Landesregierung für Kürzungen im Sozialbereich. Bei den Demonstranten waren auch mehrere hundert Menschen aus Wuppertal, vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Einrichtungen der Wohlfahrtsverbände – von Kitas bis Beratungsstellen.

„Das war schon sehr beeindruckend“, sagt Sabine Federmann, Direktorin der Diakonie Wuppertal: „Das war eine der größten Demonstrationen in Düsseldorf. Die ganze Stadt war voller Demonstranten, die Rheinwiesen waren rappelvoll.“ Etwa 350 Diakonie-Beschäftigte aus Wuppertal hätten sich für die Teilnahme angemeldet, berichtet sie. Weil sie mit dem Zug anreisten, hätten sie sich aber unterwegs verloren.

Auf dem Podium sei es kontrovers zugegangen. Vertreter der Landesregierung und der Landtagsfraktionen, darunter NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann, sprachen vor den Demonstranten. „Sie haben die Kürzungen als ,alternativlos’ dargestellt“, so Sabine Federmann. „Dafür sind sie ausgebuht worden.“ Dabei sei die Stimmung unter den Demonstranten schon ganz schön aufgeheizt gewesen. Als auf dem Podium von den Kürzungen Betroffene beispielhaft von ihrer Arbeit erzählten, ist „deutlich geworden, dass besonders bei präventiven Maßnahmen gekürzt werden soll“. Im Rückblick seien sie „sehr zufrieden, dass wir so viele waren.“ Und die Aktivität habe gutgetan: „Wir haben etwas getan, haben unseren Protest deutlich auf die Straße gebracht.“

Mit rund 300 Leuten ist der Caritasverband Wuppertal/Solingen nach Düsseldorf gefahren, zwei Busse starteten in Solingen, drei in Wuppertal. Daher waren die zwölf von der Caritas betriebenen OGSen und die meisten Beratungsstellen geschlossen. Caritas-Sprecherin Susanne Bossy ist beeindruckt von der Teilnehmerzahl: „Es war mega.“ Sie weist darauf hin, dass die 32 000 Demo-Teilnehmer für Hundertausende Menschen stehen, die die Einrichtungen der Wohlfahrtspflege nutzen.

32.000 bei Groß-Demo in Düsseldorf gegen Kürzungen: So voll war es
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32.000 bei Groß-Demo in Düsseldorf gegen Kürzungen

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Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Kitaleiterin Martina Grams-Wilkens erklärt ihre Teilnahme am Protest mit der schlechten Personalsituation in Kitas: Wegen der hohen Krankenstände „mussten wir seit dem 1. August schon an zwei Tagen die Kita schließen“, erzählt sie.

Es brauche ein anderes Infektionsschutzkonzept. Auch Silvia Hamacher, Kita-Fachberaterin, findet: „Die Situation im Moment ist für alle unzumutbar, für Kinder, die Mitarbeiter und die Eltern. So viele Betreuungseinschränkungen wie im Moment habe ich den letzten 20 Jahren nicht erlebt.“ Am meisten schockiere sie die Folge der Situation: Sie befürchtet, dass Mütter wieder zu Hause bleiben müssen, um Kinder verlässlich zu betreuen: „Ein Frauenbild wir vor 20 Jahren.“ Das werde auch der Wirtschaft schaden.

Caritas-Direktor Christoph Humburg kritisiert ebenfalls die Auftritte der Politiker: „Das waren nur Worthülsen, Plattitüden.“ Dafür habe es keinen Applaus, sondern nur Buh-Rufe gegeben. Er erzählt, dass es unter den Demonstranten ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl gegeben habe: „Leute haben sich umarmt, obwohl sie sich nicht kennen.“ Es sei aber auch spürbar gewesen, dass Teilnehmer Angst haben, durch die Kürzungen ihren Arbeitsplatz zu verlieren: „Manche Einrichtung ist gefährdet “, so Humburg.

Er selbst findet: „Wir müssten jeden Monat hier stehen.“ Denn er befürchtet, dass die Kürzungen dazu beitragen, dass „die Gesellschaft auseinanderbricht“. Es sei beruhigend zu sehen, dass der Protest nicht „nach rechts abdrifte“, sondern für den Sozialstaat kämpfe. Die große Zahl der Teilnehmenden sei „mehr als ein Zeichen, sondern ein dringender Appell“. Viele hätten jetzt die Erwartung: „Das kann die Politik nicht ignorieren.“