Null Respekt? Wuppertaler Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst trainieren auch die Kommunikation
Wuppertal · In Einzelfällen geraten die Mitarbeiter bei ihren Einsätzen in Konflikte mit den Betroffenen oder Umstehenden. Dann hilft einerseits die Uniform, doch andererseits ist auch Fingerspitzengefühl und Erfahrung gefragt.
Ihr Job ist, anderen zu helfen. In den meisten Fällen können Feuerwehrleute und Notfallsanitäter das auch tun. Nur in Einzelfällen geraten sie bei ihren Einsätzen in Konflikt mit den Betroffenen oder Umstehenden. Dann hilft einerseits die Uniform, ist andererseits Fingerspitzengefühl und Erfahrung gefragt. Was das bedeutet, erklären Andreas Steinard, Leiter der Wuppertaler Feuerwehr, und Burak Metin, Hauptbrandmeister und Notfallsanitäter bei der Feuerwehr.
Zu ihrer Ausbildung gehöre nicht nur, Feuer zu löschen und Menschen medizinisch zu versorgen, sondern auch die Kommunikation, erklärt Andreas Steinhard. „Wir gehen auf alle gleich zu, egal welcher Religion, Hautfarbe oder Einstellung“, betont er. Und sie lernten auch, in den Situationen, in denen ein Konflikt auftritt, zu deeskalieren. „Man muss einfach Empathie mitbringen“, sagt der Feuerwehrchef. Oft meinten die Menschen es nicht böse.
Kommt es zu Auseinandersetzungen, seien oft Alkohol und Drogen im Spiel: „Feiernde kommunizieren anders“, erklärt Burak Metin. Da könne es vorkommen, dass die Stimmung aufgeheizt ist. Darauf stelle man sich ein. Er erzählt von einem Rettungseinsatz bei einem Betrunkenen, der leblos auf der Straße lag, nicht auf Ansprache reagierte. Sie brachten ihn in den Rettungswagen, versorgten ihn, legen erste Zugänge. Plötzlich habe sich der Mann aufgesetzt, sich die Zugänge abgerissen, die Einsatzkräfte angespuckt und beschimpft. Weil der Mann einen Kollegen besonders im Blick hatte, habe sich dieser entfernt. Ihm selbst sei es gelungen, einen Kontakt zu dem Mann herzustellen, in dem er verständnisvoll reagierte. „Ich habe ihm Recht gegeben.“ Dadurch habe sich der Mann verstanden gefühlt. „Ich konnte ihn motivieren, nicht mehr zu randalieren.“ Er konnte ihn aber nicht motivieren, sich weiter behandeln zu lassen, der Mann verließ den Rettungswagen.
Es sei auch vorgekommen, dass sie zu einem Messerangriff gerufen werden, zehn Leute aufgeputscht um den Patienten „herumsprangen“, vielleicht auch nur helfen wollten. Dann müssten sie überlegen, wie sie vorgehen. „Eigenschutz geht vor“, betont Burak Metin. Gegebenenfalls riefen sie zunächst die Polizei dazu, um erst dann jemanden zu versorgen. Dafür seien sie auch im ständigen Kontakt mit der Leitstelle.
Wieder anders sei die Situation, wenn sie beispielsweise zu einem Herzinfarkt gerufen werden und in der Wohnung eine ganze Großfamilie um den Patienten herumsteht. „Die können wir nicht alle wegschicken“, sagt Andreas Steinhard. Dann sei es eine gute Lösung, zu erklären, dass nur zwei Personen dabeibleiben können, der Rest gehen müsse. Dafür gebe es dann meist Verständnis. Besonders bei Löscheinsätzen helfe zudem die Feuerwehruniform, sich Respekt zu verschaffen, etwa Menschen davon abzuhalten, doch noch mal in die brennende Wohnung zu gehen.
Das Verständnis für die Situation der Menschen, die jeweils in einer Ausnahmesituation seien, gehöre mit zur Ausbildung und sei immer wieder Thema in Fortbildungen. „Das beste Training ist aber draußen“, sagt Burak Metin. Dabei könnten sich auch jüngere Kollegen immer wieder etwas abschauen, in der Nachbesprechung der Einsätze könnten erfahrene Kollegen erklären, warum sie wie gehandelt haben.
Anders als viele Kritiker ist Steinhard nicht der Meinung, dass sich die Angriffe auf Einsatzkräfte verstärkt haben. „Wir führen eine Statistik zur Gewalt, die ist eigentlich gleichbleibend.“ Unter rund 6000 Einsätzen im Monat gebe es 20 bis 30, bei denen es besondere Vorkommnisse gibt. „Das ist weit unter einem Prozent.“ Einzig bei der Art der Gewalt sieht er eine leichte Veränderung: dass jetzt öfter Gewaltmittel eingesetzt werden. „In der Regel sind die Menschen froh, wenn wir kommen.“
Unter den Vorfällen sind Schläge, die auch im Gerangel entstehen. Sie würden auch beschimpft oder bedroht. Und ihre Kolleginnen unangemessen angefasst. Auf solches Verhalten reagieren sie mit Anzeigen, ein bis zwei davon schreiben sie im Monat. „Jede Gewalttat ist eine zu viel“, betont Andreas Steinhard