Analyse Jobcenter: „Wir brauchen jede Art von Arbeitsplätzen“

Wuppertal · Analyse Jobs sowohl für hoch als auch gering qualifizierte Menschen sind wichtig.

Die Logistik-Branche sucht Arbeitskräfte.

Foto: dpa/Uwe Zucchi

Die Arbeitslosenquote in Wuppertal ist in den letzten Jahren gesunken, zuletzt stieg sie aber wieder leicht an. Bei 8,2 Prozent liegt die aktuelle Quote. Neue Arbeitsplätze sind wichtig. Und zwar sowohl für hochqualifizierte Arbeitskräfte als auch für Menschen mit geringen Qualifikationen.

Aus Sicht vieler Betroffener sind Jobs nötig, die auch mit wenig oder keiner Ausbildung übernommen werden können. Denn bei Menschen ohne Schulabschluss oder Ausbildung ist die Arbeitslosigkeit besonders hoch. Andererseits braucht Wuppertal auch hochqualifizierte Beschäftigte. Sie bringen Kaufkraft in die Stadt. Und, so betont Andreas Kletzander vom Jobcenter, jeder hochqualifizierte Arbeitsplatz zieht weitere Arbeitsplätze nach sich: „Auch Forschungsabteilungen brauchen Hausmeister und Reinigungskräfte“, macht er deutlich. Deshalb sagt er: „Wir brauchen jede Art von Arbeitsplätzen.“

Steigender Beschäftigten-Bedarf im Bereich der Dienstleistungen

Auch gering Qualifizierte spüren den Wandel der Wirtschaft: „Viele Hilfstätigkeiten in der Produktion sind weggefallen, dafür werden im Bereiche Logistik und Lager viele Mitarbeiter gesucht“, sagt Andreas Kletzander. Personalbedarf gebe es bei Paketfahrern, Zugbegleitern und Sicherheitsdiensten sowie Callcentern. Auch in der Pflege, im Gartenbau und bei der Gebäudereinigung würden Mitarbeiter gesucht. Allerdings sei die Bezahlung in diesen Branchen nicht besonders hoch.

Den Wandel im Branchenmix zeigt der aktuelle „Zahlenspiegel 2019“ der Bergischen Industrie- und Handelskammer: Danach hat das produzierende Gewerbe einen Anteil von einem Drittel an der Wuppertaler Bruttowertschöpfung, der Dienstleistungssektor zwei Drittel. Und von den rund 125 000 Beschäftigten in Wuppertal arbeiten rund 33 000 im produzierenden Gewerbe, knapp 94 000 in Handel und Dienstleistung.

Besonders schwer auf dem Arbeitsmarkt haben es Menschen, die schon länger ohne Arbeit sind, oft mehrere Probleme haben. „Dafür haben wir jetzt einen sozialen Arbeitsmarkt geschaffen“, zeigt sich Alexander Kletzander zufrieden mit dem neuen Teilhabechancengesetz. Das ermöglicht, dass Arbeitsplätze für Langzeitarbeitsarbeitslose über mehrere Jahre bezuschusst werden, zudem ein Coach die Beschäftigten betreut. Ziel ist, dass die Menschen übernommen werden. „Wir haben in Wuppertal 350 Plätze, 220 sind schon besetzt“, so Kletzander.

Für einige Arbeitssuchende sei die nicht ausreichende Kinderbetreuung eine große Hürde: „Von den 9000 Alleinerziehenden in Wuppertal sind immer noch 4000 im SGB-II-Bezug“, betont er.

Guido Grüning, Stadtverbands-Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, macht die zunehmende Zahl von Menschen mit Minijobs Sorgen. In Wuppertal gebe es derzeit 33 143 Minijobber, 61 Prozent Frauen, 39 Prozent Männer. Viele davon würden den Minijob zusätzlich zu einer regulären Stelle übernehmen, aktuell fast 12 000 Wuppertaler. Ihre Zahl sei von 2013 bis 2017 um 17 Prozent gestiegen.

Das „sollte uns zu denken geben“, findet Guido Grüning. Es seien vor allem Frauen, die wegen Niedriglöhnen und Teilzeitbeschäftigung nicht über die Runden kämen. Und gut 14 000 der 33 000 Minijobber hätten einen Berufsabschluss, fast 2500 sogar einen akademischen Abschluss – damit seien die Hälfte Fachkräfte. Er betont: „Die Menschen wollen nicht von Zweit- und Drittjobs leben, sondern von einer sicheren, sozialversicherten und tariflich entlohnten Arbeit.“

Der DGB wirft den Arbeitgebern vor, Neben- und Minijobs als Schlupfloch zu nutzen, um aus den Sozialversicherungssystemen auszusteigen. Er fordert eine grundlegende Minijobreform. ,,Kleinst-Arbeitsverhältnisse müssen gebündelt werden zu Teilzeit- und Vollzeitjobs im Schutz der Sozialversicherung, auch damit die Beschäftigten nicht mehr so erpressbar sind“, sagt Guido Grüning.